Essen. E-Bikes und E-Autos liegen im Trend. Aber das Recycling der Batterien ist nicht ausgereift. Über die Grenzen der grünen Alternative.
Elektrisch betriebene Fahrzeuge sollen die umweltfreundliche Zukunft der Mobilität sein. Der Trend boomt schon jetzt: Jedes Jahr wird in Deutschland ein neuer Verkaufsrekord aufgestellt. Allein 2021 wurden knapp 700.000 E-Bikes und 355.000 E-Autos verkauft. Doch so grün der Fahrspaß von Herstellern und Politik auch angepriesen wird, ein wichtiges Detail wird oft außer Acht gelassen: Am Ende wird es doch wieder schmutzig.
Denn das Recycling der alten Akkus, die für den elektrischen Antrieb sorgen, steckt noch in den Kinderschuhen. Die sogenannten Industriebatterien von E-Bikes und E-Autos bestehen in der Regel aus Lithium-Ionen. „Aber Lithium wird heutzutage weltweit noch gar nicht zurückgewonnen, weil man erst üben muss, wie man den Rohstoff überhaupt recyceln kann“, sagt Reiner Sojka, Geschäftsführer des Recyclingunternehmens Accurec Gmbh mit Sitz in Krefeld und Mülheim.
Nur wenige Firmen europaweit, die Akkus von E-Bikes und E-Autos recyceln
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Er hat sich auf wiederaufladbare Batteriesysteme spezialisiert und verwertet – als einer der wenigen – auch Akkus von E-Bikes und E-Autos. „Vor Hundert Jahren waren Batteriesysteme noch sehr einfach. Heute sind das materialtechnische Wunderwerke. Deshalb gibt es in Europa bisher nur eine Handvoll Unternehmen, die solche Batterien recyceln können“, sagt Sojka. Aber warum? Vereinfacht gesagt ist das Problem: „Je größer die Energiedichte der Batterie, desto komplexer ist das Recycling und desto länger dauert es, bis die Batterie in die einzelnen Rohstoffe zerlegt werden kann.“
Bei Accurec läuft der Prozess wie folgt ab: Zuerst sortieren die Mitarbeitenden die Akkus händisch. Denn je nach Hersteller unterscheiden sich die Zusammensetzungen der Inhaltsstoffe. Im zweiten Schritt kommt die Altbatterie in einen Hochofen und wird auf bis zu 600 Grad erhitzt. Danach wird die Batterie mechanisch so aufbereitet, dass Kupfer, Stahl und Aluminium abgetrennt wird. „Da hört unser Recyclingprozess auf.“ Die wiedergewonnen Rohstoffe verkauft der Geschäftsführer – der Rest landet auf der Deponie.
Batterien können heutzutage noch gar nicht komplett umweltfreundlich recycelt werden
Zwar regelt die Europäische Batteriedirektive, dass die Hälfte des Batteriegewichts von E-Bikes und E-Autos recycelt werden muss und der Prozentsatz soll steigen nach einer neuen Verordnung, die im März in Brüssel verabschiedet worden war. Doch Sojka warnt: „Es gab bisher einen großen Spielraum für Betriebe, sich die Recyclingquoten schön zu rechnen. Damit die Maßnahmen sichergestellt werden, müssten sie zum Beispiel durch unabhängige Gutachter mit einem unangekündigten Besuch überprüft werden.“
Doch selbst wenn die Maßnahmen angepasst und überwacht werden, ist eine nachhaltige Wertschöpfungskette aus Forschersicht noch gar nicht möglich, sagt Professor Bernd Friedrich. Er leitet das Institut zu Metallrecycling an der Universität Aachen und forscht zur Wiederverwertung von Altbatterien. Technisch sei das Recycling von Batterien aller Art zwar möglich: „Ich kann natürlich mit einer widerlichen Säure daran gehen, die es schafft, alle Bestandteile herauszulösen“, so Friedrich. Dann stelle sich jedoch die Frage: „Wie grün sind diese Prozesse und welchen ökologischen Fußabdruck hinterlässt das Recycling?“
Recycling von Lithium-Ionen-Akkus lohnt sich für Betriebe finanziell kaum
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Schon vor 30 Jahren war Friedrich beim deutschen Batteriekonzern Varta AG für die Produktion von Batterien für E-Autos zuständig. Damals wurde noch gar nicht über das Recycling gesprochen, sagt er. Erst vor ein paar Jahren fing die Bundesregierung an, Forschungsarbeiten zu finanzieren. Jetzt brauche es mindestens fünf Jahre, um bioverträgliche Lösungen für Lithium-Ionen-Akkus hervorzubringen.
Grundsätzlich seien hohe Recyclingquoten durchaus zu erreichen – und auch die Gewinnung von Lithium sei für Firmen interessant. Aber oftmals lohne es sich finanziell nicht. Daher gebe es bisher nur so wenige spezialisierte Recyclingunternehmen. Es sei die Frage, wie viel Energie, wie viel Zeit und wie viel Manpower man einsetzt. „Vieles ist in der Industrie nicht umsetzbar, weil die Kosten irgendwann davonlaufen. Wir rotieren also gerade zwischen der Befriedigung der politischen Lage, der technischen Machbarkeit und der Bezahlbarkeit“, so Friedrich.
In den kommenden Jahren müssten viel mehr Recyclingbetriebe her, die sich um die Akkus von E-Bikes und E-Autos kümmern. „Die Mengen an Batterien, die schon zurückkommen, überfordern jetzt schon die Kapazitäten der Werke.“ Aber Friedrich ist zuversichtlich: „Wir sind mitten in der Hochphase der Forschung. Das Bewusstsein ist da, um das Recycling und die grüne Denke voranzuschieben.“ An seinem Institut forschen aktuell 16 Doktoranden daran, wie der Rückgewinnungsanteil ökonomisch sinnvoll maximiert werden kann. Und wie dabei möglichst wenig Abfall produziert werden kann.