Ruhrgebiet. Nach den Kranken kommen nun die Verletzten: Wie Kliniken im Revier Patienten aus der Ukraine behandeln, die von Geschossen getroffen worden sind.

Nach vielen schwerkranken Flüchtlingen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen, nehmen die Krankenhäuser im Ruhrgebiet inzwischen immer mehr Kriegsverletzte auf. Die meisten kommen mit der deutschen Luftwaffe aus Polen nach Köln/Bonn und werden von dort in die Kliniken gebracht.

Als Willkommens-Geschenk bekam Yelyzaveta ein BVB-Trikot. „Ein Stückchen Dortmund in der schweren Zeit“, erklärt Dr. Henrik Bertram in der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Dortmund – auch wenn die Geste „nicht über die Geschehnisse hinweghilft“. Das größere Geschenk für die 17-Jährige war sicher ihre Operation: Die Ärzte versorgten tiefe Schrapnell-Verletzungen an Schulter und Oberarm. Um die fünf Zentimeter großen und eineinhalb Zentimeter tiefen Wunden zu verschließen, transplantierten sie Haut vom Oberschenkel der Patientin.

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„Man kann sich kaum vorstellen, was die beiden in den letzten Wochen durchmachen mussten“, sagt Notarzt Bertram über die junge Frau und ihre Mutter. Sie hatten Anfang April aus der Ukraine fliehen wollen – aus der besonders umkämpften Region Donezk im Osten des Landes. Doch noch am Bahnhof schlugen Raketen und Granaten in ihrer Nähe ein, Splitter verletzten Yelyzaveta schwer. In einem Feldlazarett wurde die 17-Jährige erstversorgt; weil es an Medizinern und Medikamenten fehlte, kam sie bald darauf nach Dortmund. Nach dem Eingriff im Mai verheilen die Wunden gut, Klinikdirektor Dr. Jens-Peter Stahl ist zufrieden: „Wir sind froh, Yelyzaveta wenigstens auf diese Weise helfen zu können.“ Derzeit bekommt die Patientin in Dortmund Physiotherapie.

Durch russische Angriffe in der Ukraine, wie hier im Zentrum von Charkiw, sollen bislang mehr als 12.000 Menschen getötet und ein Vielfaches verletzt worden sein.
Durch russische Angriffe in der Ukraine, wie hier im Zentrum von Charkiw, sollen bislang mehr als 12.000 Menschen getötet und ein Vielfaches verletzt worden sein. © epd | Nikita Zhadan

In der Kinderklinik des Katholischen Klinikums Bochum (KKB) kam in der vergangenen Woche ein neunjähriges Mädchen aus der Ukraine an. Das Kind war bei einem Granaten-Angriff von einer Metallkugel getroffen worden. Das Geschoss bohrte sich durch die Schulter, die Verletzungen der Brustwirbelsäule führten zu einer Lähmung. Insgesamt wurden inzwischen mehr als zehn ukrainische Minderjährige in der Uni-Kinderklinik behandelt. Den Transport übernimmt für das KKB, wie schon bei ausländischen Patienten während der Corona-Pandemie, der Rettungsdienst MedCare aus Hattingen.

In ganz NRW haben sich bereits im April weit mehr als 200 Krankenhäuser bereit erklärt, kriegsverletzte Menschen aus der Ukraine zu behandeln. Sie werden in einem Zentralregister geführt und nach einem bundesweiten Kleeblattsystem verteilt. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nannte es „unsere moralische Verantwortung, den verletzten Menschen aus der Ukraine in unseren Kliniken mit einer angemessenen medizinischen Versorgung zu helfen“.