Bochum. Eine Ukrainerin (17) ist am Dienstagabend ins Bochumer Knappschaftskrankenhaus eingeliefert worden. Sie erlitt im Krieg mehrere Kopfschüsse.
Um kurz vor 20 Uhr am Dienstagabend fährt das gelbe Fahrzeug der Hattinger Firma Medcare vor das Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer. Es transportiert eine junge Ukrainerin, gerade mal 17 Jahre alt, die im Krieg mehrere Kopfschüsse erlitten hat.
Ukrainerin (17) wird nach Kriegsverletzungen in Bochum behandelt
Es sind Szenen, die die Grausamkeit des Kriegs in der Ukraine einmal mehr vor Augen führen. Ende Februar ist das Mädchen mit ihrem Großvater und zwei Geschwistern in ihrer Heimat im Auto unterwegs. Die Familie gerät zwischen die Auseinandersetzung von ukrainischen und russischen Soldaten. Auch die beiden jüngeren Geschwister werden von Kugeln getroffen, um das Mädchen steht es am schlimmsten.
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Mit ihrer Mutter wird sie am Dienstagvormittag im Flugzeug aus der slowakischen Stadt Kosice ins belgische Lüttich gebracht – durch die Deutsche Flugambulanz. Die hatte zuvor den Hinweg genutzt, um medizinische Hilfsgütern an die ukrainische Grenze zu bringen. Das Hattinger Unternehmen Medcare bringt die schwer verletzte Patientin schließlich von Lüttich nach Bochum – mit Unterstützung von Ehrenamtlichen.
„Wir sind seit sieben Uhr heute Morgen unterwegs“, berichtet Marc Friedrich, eigentlich Leiter des Rettungsdienstes bei der Feuerwehr in Wülfrath. Mit zum ehrenamtlichen Team gehörten auch Notfallsanitäter Stefan Fricke von der Firma Medcare und Diana Podolska, Oberärztin im Knappschaftskrankenhaus Dortmund.
Ukrainische Ärztin aus Dortmund unterstützt Transport
Sie selbst ist in der Ukraine aufgewachsen, lebt seit 25 Jahren in Deutschland. Podolska spricht Ukrainisch, Russisch und Deutsch – kann medizinisch betreuen und gleichzeitig dolmetschen. „Ich habe am Montagmorgen den Anruf bekommen“, berichtet die Oberärztin. Sie hat derzeit Urlaub – und zögerte nicht, das Vorhaben zu unterstützen.
Neben der schwerst traumatisierten 17-Jährigen wurde mit dem Flugzeug auch ein schwer verletzter 36-jähriger Mann in eine Klinik in Süddeutschland gebracht. Die Kosten für diesen ersten Transport – ein fünfstelliger Betrag – trägt das Unternehmen Medcare. Weitere Verlegungen von Menschen, die im Krieg schwer verletzt wurden, werden folgen. „Dafür sind Spenden unbedingt notwendig“, appelliert Marc Friedrich.
Fraglich, ob junge Ukrainerin wieder gesund wird
Die Ukrainerin wird nun im Knappschaftskranken in Langendreer behandelt. Derzeit hat das Mädchen einseitige Lähmungen, sie wird voraussichtlich bleibende Behinderungen davontragen. In welchem Ausmaß – das könne man derzeit noch nicht sagen. Aktuell wird sie auf der Intensiv-Station betreut. Kirsten Schmieder, Chefärztin der Neurochirurgie, spricht nach einer ersten Auswertung der Untersuchungsbilder von einer sogenannten „penetrierenden Verletzung“. Nach Ostern wird das Mädchen operiert, um unter anderem Splitter aus dem Kopf zu entfernen.
„Das ist eine humanitäre Katastrophe in der Ukraine“, betont Schmieder am Mittwochmorgen im Gespräch mit der WAZ. Sie ist froh, dass das Knappschaftskrankenhaus diese Hilfe möglich macht. Die junge Patientin wird ziemlich sicher nicht die letzte Person aus der Ukraine sein, die hier behandelt wird.
Die Mutter der 17-Jährigen darf während der ganzen Zeit bei ihrer Tochter im Krankenhaus bleiben und auch dort übernachten. Gleichzeitig hat die Arbeiterwohlfahrt (Awo) bei der Organisation eines Hotels in der Nähe geholfen.
Die beiden Ukrainerin wollen dauerhaft wieder zurück in ihre Heimat – zu Mann beziehungsweise Vater und den drei anderen Kindern der Familie, das jüngste ist gerade zwei Monate alt.