Essen. Die 83-jährige Autofahrerin, die in Essen an einem Straßenbahnhalt Menschen überfahren hatte, ist der fahrlässigen Tötung schuldig.

Die 83 Jahre alte Autofahrerin, die am 29. Februar 2020 in eine Gruppe aussteigender Fahrgäste einer Straßenbahn in Essen-Frohnhausen gefahren war, ist vom Essener Landgericht zu zwei Jahren Haft mit Bewährung verurteilt worden. Nach Ansicht der XXIV. Strafkammer hat sie sich der fahrlässigen Tötung und der sechsfachen fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht.

Ihren Führerschein ist sie los. Frühestens in zwei Jahren wird sie einen neuen beantragen dürfen. Fraglich, ob sie ihn dann bekommt. In der Verhandlung versicherte ihr Anwalt Andreas Wieser aber, sie werde sich nie mehr ans Steuer eines Autos setzen.

Gericht findet keine Erklärung

Eine Erklärung für den Unfall fand das Gericht nicht. Richter Sebastian Jordan erinnerte daran, dass von der Angeklagten keine konkreten Angaben gekommen seien. Fremdeinflüsse wie ein technischer Defekt an ihrem Auto seien aber ausgeschlossen. Sicher sei, dass sie nicht unter berauschenden Mitteln gestanden habe, körperlich und psychisch sei sie gesund und damit voll schuldfähig.

Am Tattag war sie als zweites Auto hinter einer Straßenbahn hergefahren. Als die Tram an der Haltestelle Gervinusstraße stoppte, hielt auch das Auto vor ihr an. Die frühere Geschäftsfrau, die in Altendorf einen Handwerkerbetrieb geleitet hatte, lenkte ihren Kompakt-SUV BMW X1 rechts an dem Auto vorbei, ignorierte eine rote Ampel und fuhr mit Tempo 50 und zwei Reifen auf dem Gehweg an der Bahn vorbei.

66-Jähriger starb an den Unfallfolgen

Dabei fuhr sie gegen zahlreiche Fahrgäste. Mehrere junge Menschen erlitten Knochenbrüche, ein 66-Jähriger starb an den Folgen seiner schweren Verletzungen drei Wochen später im Krankenhaus. "Sein Tod hinterlässt eine große Lücke in seiner Familie", sagte Richter Jordan.

Rechtsanwalt Azzadine Karioh, der die Familie des Todesopfers vertrat, kritisierte die Angeklagte, dass diese sich erst am sechsten Verhandlungstag, also zwei Jahre nach der Tat, zu einer Entschuldigung durchgerungen habe.

Sorgfaltspflicht verletzt

Auch Staatsanwältin Sarah Erl hatte zwei Jahre Haft zur Bewährung beantragt, Karioh hatte sich angeschlossen. Verteidiger Wieser meinte, Anhaltspunkte für einen Blackout gesehen zu haben und forderte Freispruch. Das Gericht stellte dagegen fest, Wiesers Mandantin habe ihre Sorgfaltspflicht verletzt.