Dortmund/Essen. Die Preise für Treibstoff klettern höher und höher. Taxifahrten, Busreisen, Führerscheine: was im Ruhrgebiet jetzt alles teurer wird.

Taxiflotten im Revier werden ausgedünnt, Führerscheine werden teurer, Spediteure und Busreiseunternehmer sind in großer Sorge. Die immer höher steigenden Diesel- und Benzinpreise wirken sich immer stärker auf das Leben der Menschen im Revier aus.

Für viele Taxiunternehmer wird die Luft angesichts der stark gestiegenen Dieselpreise immer dünner.
Für viele Taxiunternehmer wird die Luft angesichts der stark gestiegenen Dieselpreise immer dünner. © dpa | Wolfgang Kumm

Es klingt ein wenig wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn Dieter Zillmann, Vorstandsvorsitzender der Taxi Dortmund Eg die Situation derzeit beschreibt. „Wenn ein Unternehmer sein Taxi einfach stehen lässt, verdient er kein Geld. Setzt er einen Fahrer drauf, tut er Geld dabei.“ In anderen Städten, weiß Zillmann nach vielen Gesprächen mit Kollegen, sieht es nicht anders aus. „Die Reserven vieler Unternehmer sind durch Corona aufgebraucht. Jetzt wird es wirklich eng.“

Die Leute werden länger auf ein Taxi warten müssen

Dabei haben sie in Dortmund gerade erst den Antrag gestellt, die Taxi-Tarife um knapp zehn Prozent zu erhöhen. Aber das war vor ein paar Wochen, als der Liter Diesel noch bei 1,50 Euro oder darunter lag. Bereits jetzt ist Zillmann deshalb klar: „Die zehn Prozent werden nicht reichen.“ Schon kurzfristig, fürchtet er, werde man gezwungen sein, die Zahl der Taxen vor allem in der Nacht auszudünnen. „Die Leute werden dann länger auf einen Wagen warten müssen.“

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E-Autos, sagt Zillmann, könnten das Problem aktuell nicht lösen. Abgesehen davon, dass derzeit kaum ein Unternehmen das Geld für die Anschaffung von elektronisch angetrieben Fahrzeugen auf dem Konto habe, sei auch die Zahl der Ladesäulen in der Stadt bisher nicht ausreichend.

„Das ist eine absolute Katastrophe“

Auch bei Grafs Busreisen in Herne ist man – wie überall – überrascht worden von der Preisexplosion. „Eine absolute Katastrophe ist das“, sagt Geschäftsführer Michael Thüring. Noch nie erlebt, habe er so eine Steigerung in so kurzer Zeit. Erste Auswirkungen zeigen sich bereits. Wer jetzt einen Bus für eine Vereinsfahrt oder Ähnliches chartert, wird wohl tiefer in die Tasche greifen müssen.

„Aber komplett weitergeben können wie die gestiegenen Kosten nicht“, sagt Thüring. Ob auch die bevorstehenden – oft schon gebuchten - Sommerreisen teurer werden, ist unklar. „Zur Preisentwicklung kann man noch nichts sagen.“ Sagen kann man allerdings, dass der Preisschock, wie in der Taxibranche, zum denkbar ungünstigsten Augenblick kommt. „Das Geschäft hat gerade wieder angezogen.“

Tanklager reichen nur für einige Wochen

Immerhin, das große Tanklager bei Graf ist noch gut gefüllt. Doch das reicht vielleicht für ein paar Wochen, länger nicht. „Dann müssen wir nachkaufen.“ Deshalb beobachte Thüring den Markt auch jeden Tag. Doch bisher gehen die Preise nur in eine Richtung: nach oben.

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In der Speditionsbranche macht man sich deshalb ebenfalls Sorgen. „Das sind Dimensionen, die kann keine Firma so einfach wegstecken“, hat Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW in vielen Telefonaten festgestellt. Schon im Januar habe der Anteil der Kraftstoffkosten an den Gesamtkosten im Güterfernverkehr bei knapp 25 Prozent gelegen, weiß Kösters. Und da war der Dieselpreis noch viel niedriger.

Führerschein wird teurer werden

Autofahren wird immer teurer. Privatleute und Spediteure leiden unter den hohen Preisen.
Autofahren wird immer teurer. Privatleute und Spediteure leiden unter den hohen Preisen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Einen Teil der weiter gestiegenen Kosten müsse man nun wohl oder übel an die Kunden weitergeben. Was in den Fällen schwierig werden könnte, in denen es langfristige Verträge gibt. Auch deshalb fordert er schnelle Hilfe und Unterstützung vom Staat. „Wir stehen jetzt mit unseren LKW an der Zapfsäule, nicht in ein paar Monaten.

Teurer wird auch der Führerschein werden. „Das lässt sich nicht mehr auffangen. Es wird Preissteigerungen bei den Fahrstunden geben“, bestätigt Martin Fellmer, erster Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen. „Und da reden wir nicht von einem Euro pro Fahrstunde “ Für Neuverträge müssen Fahrschüler in einigen Schulen schon tiefer in die Tasche greifen. Ob sich die Preise bei bereits abgeschlossenen Verträgen ändern lassen, wird derzeit geprüft.

Keine Preiserhöhung im ÖPNV

Auch den Verantwortlichen im ÖPNV stehen die Haare angesichts der Preisentwicklung zu Berge. Frank Fligge, Sprecher von DSW21, einem der größten Verkehrsunternehmen im Ruhrgebiet, hat Zahlen die eindrucksvoll belegen, warum das so ist. Rund 100.000 Liter verbrauchen die DSW21-Busse jede Woche. Vor etwas mehr als einem Jahr gab es den Liter zum Großkundenprei von 86 Cent. Ende Februar 2022 waren es bereits 1,34 Euro, Anfang dieser Woche sage und schreibe 1,76 Euro. „Und im Augenblick sieht es nicht so aus, als ob sich die Lage schnell wieder beruhigen würde.“

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Fahrpreiserhöhungen sind aktuell dennoch nicht zu befürchten. „Das können einzelne Unternehmen im VRR-Verbund auch gar nicht im Alleingang beschließen“, sagt Fligge. Sollte sich die Lage langfristig aber nicht entspannen, sagen viele ÖPNV-Experten, müsse es mehr finanzielle Unterstützung durch das Land und die Kommunen geben

In anderen Bereichen ist solch eine Unterstützung nicht möglich. Logistiker Kösters ahnt dann auch, wer am Ende verstärkt zur Kasse gebeten wird. „Für Endkunden wird wohl vieles teurer werden.“

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