Essen. Blitz, Sturm, Hagel: Viele Menschen glauben, mit der Gebäudeversicherung gut versichert zu sein. Nun stehen einige vor dem finanziellen Ruin.
Trotz einer Menge ungeklärter Fragen: Viele Menschen sind es nicht, die sich in diesen Tagen bei der Verbraucherzentrale NRW melden. „Die Menschen sind noch immer mit Aufräumen beschäftigt“, vermutet Versicherungsexpertin Elke Weidenbach. Die Flutkatastrophe hat in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Verwüstungen ausgelöst. Zerstörte Häuser, kaputte Möbel, vollgelaufene Keller: Ohne Versicherungsschutz stehen Betroffene vor dem Nichts.
Es ist das Kleingedruckte, das sie vor dem finanziellen Ruin bewahrt hätte. Blitzeinschlag, Sturm, Hagel: Nicht wenige Menschen glauben, mit der Gebäudeversicherung ausreichend gegen Unwetterschäden versichert zu sein. „Viele Elementarschäden sind ja auch mit der Gebäude- oder Hausratversicherung abgedeckt“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Für Schäden, die durch Starkregen, Überschwemmungen oder Hochwasser entstehen, bräuchten Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch einen zusätzlichen Schutz: Die Elementarschadenversicherung.
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Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben gerade einmal 47 Prozent der Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer in NRW eine solche Zusatzversicherung. Damit liegt Nordrhein-Westfalen etwas über dem Bundesdurchschnitt (46 Prozent) und deutlich vor Rheinland-Pfalz (37 Prozent). „Schäden, die durch Sturm und Hagel entstehen, sind lange Zeit die größten Gefahren gewesen“, sagt Elke Weidenbach. Die Wetterlage habe sich in den vergangenen Jahren jedoch erheblich verändert.
Und Überschwemmungen sind nicht die einzige Gefahr: Schäden, die durch Erdrutsche oder Schneedruck entstehen, etwa wenn ein Dach durch Schneemassen einbricht, sind ebenfalls nicht in der Gebäudeversicherung enthalten. Erst im Februar hatten enorme Schneefälle im Ruhrgebiet für eine dicke Schicht aus Schnee und Eis auf Dächern und Straßen gesorgt.
NRW: Mehr als 90 Prozent der Häuser in der niedrigsten Gefahrenzone
Wie viel eine Elementarschadenversicherung kostet, lässt sich schwer beantworten. So hängt der Preis vom Wert des jeweiligen Hauses sowie von der Lage ab. Um das Risiko für die jeweilige Region einschätzen zu können, hat der GDV ein Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) entwickelt. Demnach liegen knapp 91 Prozent der Häuser in NRW in der niedrigsten Gefahrenzone 1. 80 bis 100 Euro im Jahr werden laut GDV-Sprecher Stephan Schweda in diesen Regionen fällig. Gerade einmal 0,2 Prozent der Häuser liegen in der höchsten Gefahrenzone 4, ein Hochwasser tritt hier etwa alle zehn Jahre auf. „Das bedeutet aber nicht, dass diese Häuser nicht versichert werden“, beteuert Schweda.
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„Es mag Bereiche geben, in denen es schwierig wird“, gibt der Sprecher zu, etwa in Passau, an der Mosel und in der Kölner Altstadt. Die Gründe, warum Menschen ihre Häuser nicht ausreichend versichern, lägen jedoch woanders. So scheitere es häufig am Preis „und auch am Bewusstsein für die Gefahren“, sagt Schweda. Dabei sei es ein „existenzielles Risiko“, ein kreditfinanziertes Haus nicht gegen derartige Unwetterschäden zu versichern. Um die Menschen zu sensibilisieren, böten viele Versicherer bei Neuverträgen mittlerweile das sogenannte „Opt-Out-Verfahren“ an. Das bedeutet, Kundinnen und Kunden müssen die Elementarschadenversicherung aktiv abwählen, wenn sie diese nicht wollen.
Höhere Selbstbehalte in regelmäßig überschwemmten Zonen
„Leider unterschätzen immer noch viele Hausbesitzer und Mieter das Risiko von Wetterextremen“, sagt auch Gabriele Wrede von der Provinzial Rheinland. Viele Menschen glaubten außerdem, eine solche Versicherung sei „immens teuer“ oder „das eigene Risiko nicht versicherbar“. Bis auf „ganz wenige Ausnahmen“ gebe es jedoch immer eine bezahlbare Lösung, sagt Wrede. So würde für ein „normales“ Einfamilienhaus im Rheinland mit einem Wert von 250.000 Euro ein Elementarversicherungsschutz zwischen 60 und 120 Euro im Jahr kosten. In regelmäßig überschwemmten Zonen von Flüssen seien höhere Selbstbehalte eine Lösungsvariante.
Für den Fall, dass Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer von ihrer Versicherung ein Absage erhalten, empfiehlt die Verbraucherzentrale NRW, den Ablehnungsbescheid aufzubewahren. „Es ist häufig so, dass staatliche Hilfen nur gezahlt werden, wenn kein Versicherungsschutz möglich war“, warnt Elke Weidenbach. Es lohne sich aber, bei mehreren Versicherern nachzufragen.
Provinzial: Zerstörtes Hab und Gut kann entsorgt werden
■ Einige Versicherer haben laut der Verbraucherzentrale NRW bereits angekündigt, ihren Kundinnen und Kunden möglichst unbürokratisch zu helfen.
■ So verzichtet die Provinzial Rheinland zum Beispiel weitgehend auf Listen von beschädigten oder verloren gegangenen Dingen. Das zerstörte Hab und Gut könne sofort entsorgt werden, Fotos reichten als Nachweis aus.