Ruhrgebiet. Am Montag beschlagnahmt die Polizei alle Vereinsheime der Bandidos in NRW. Im Westen sind sie jetzt verboten. Rechtsanwalt kündigt Klage an.
Vorletzte Woche waren sie schon einmal da. Durchsuchten am 1. Juli Vereinsheime des Motorradclubs Bandidos unter anderem in Duisburg und Bochum, beschlagnahmten Material. Am Montag dann kommen Polizei und Feuerwehr wieder, tausende Beamte in ganz Westdeutschland. Diesmal machen sie ernst.
Es ist ein Altbau im Bochumer Osten, wo der lokale Verein der Bandidos zuhause ist. 15 Mann, schätzen Nachbarn. Keiner da gerade. Bewaffnete Beamte sichern am Montagvormittag dennoch den Einsatz in der Nähe des früheren Opel-Geländes ab, Kripo, Feuerwehr und BKA dringen ist das leere Vereinsheim ein, dessen Rückseite mit Nato-Draht gegen Eindringlinge gesichert ist.
Ministerium glaubt nicht an die verkündete „Selbstauflösung“ der Bandidos
Sie beschlagnahmen das Gebäude, tauschen die Schlösser aus; Feuerwehrleute hängen unter Polizeischutz Embleme ab. Hier und andernorts: das verbotene „1%“-Zeichen, das die Bandidos nutzen. „Fat Mexican“-Logos und -Leuchtreklamen. „BFFB“, es bedeutet „Bandidos forever, forever Bandidos“ („Ewige Banditen“). Das Bundesinnenministerium würde da nicht widersprechen wollen.
Das hat früh am Morgen die „Bandidos MC Federation West Central“ verboten, quasi den Dachverband dieser Rocker für Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Zugleich erklärt das Ministerium den Verband für aufgelöst, weil es an die „Selbstauflösung“ nicht recht glaubt, die die Rocker vor Monaten angekündigt haben.
Seehofer: „Der Rechtsstaat lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen“
„Wer unsere Gesetze mit Füßen tritt, verschwindet nicht vom Radar unserer Sicherheitsbehörden, nur weil er seine Selbstauflösung erklärt“, sagt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): Der Rechtsstaat lasse „sich nicht auf der Nase herumtanzen.“
Das Verbot trifft Unterorganisationen nicht nur in Bochum und Duisburg, sondern in ganz Westdeutschland und überall im Ruhrgebiet. Essen, Gelsenkirchen, Herne, Recklinghausen, Hagen, Witten/Hohenlimburg, Hamm, Unna . . . 740 Rocker in Nordrhein-Westfalen aus insgesamt 28 Ortsvereinen (Chaptern), also alle Bandidos im Lande dürfen sich jetzt nicht mehr in ihren Vereinsheimen oder unter ihren Symbolen treffen oder mit Vereinsvermögen bezahlen.
Vorwurf: Tötungsdelikte, Körperverletzung, Waffenbesitz, organisierte Kriminalität
Ihnen wird unterstellt, dass sie nicht nur dem gemeinsamen Hobby frönen, ganz gern in größeren Gruppen Motorrad zu fahren. Die Bandidos sind in legalen Gewerben unterwegs, wie etwa in Sicherheitsdiensten, in der Prostitution und in in Tattoo-Studios.
Aber die Sicherheitsbehörden werfen ihnen auch Tötungsdelikte vor, Körperverletzungen, Waffenbesitz und Bezüge zur Organisierten Kriminalität, etwa in den Drogenhandel. Sie strebten gegenüber anderen Rockerverbänden „territorialen und finanziellen Machtzuwachs an“ und setzten ihre Ziele „auch mit Gewalt“ durch.
Polizei stellt Motorräder und Bargeld sicher
Und so bekommt das Vereinsheim von „Sin City Duisburg“ im Rotlichtviertel am Montag ebenso beamteten Besuch wie die Heime der BMC „Duisburg-North“ in Dinslaken oder „Essen Ruhr City Gang“, „Essen-North“ und „Essen-East“ in den Vororten Steele und Bochold; rund 30 Häuser sind es in Nordrhein-Westfalen.
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„Beamte suchen nach Vermögenswerten, um sie einzuziehen“, sagt eine Sprecherin des federführenden Polizeipräsidiums in Dortmund. Was die Polizei am jeweiligen Ort fand, könne sie „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht sagen. Sichergestellt werden unter anderem Motorräder, Speichermedien und Geldbeträge.
Bandidos-Sprecher: Anrufe sind nicht erwünscht
Von den Rockern dazu: zunächst kein Wort. Derzeit seien „keine Anrufe erwünscht“, heißt es auf dem Mobiltelefon des Pressesprechers. Allerdings äußert sich der Bochumer Anwalt Reinhard Peters, der Bandidos vertritt: Er kündigt im WAZ-Gespräch für die nächsten Tage eine Klage gegen das Vereinsverbot an.
95 Prozent der jetzt betroffenen Ortsgruppen hätten sich nichts zuschulden kommen lassen. Peters spricht von „Sippenhaft“ und sieht einen Zusammenhang mit der heraufziehenden Bundestagswahl. Auch um das Vereinsheim herum schüttelt mancher Nachbar den Kopf über die Polizeiaktion: Man finde die „total übertrieben“, sagt einer. Es habe Zeiten gegeben, da hätten die Bandidos im Ortsteil zum Grillfest geladen.
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Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht das komplett anders. „Heute haben wir einer der größten kriminellen Rocker-Vereinigungen im Lande den Stecker gezogen“, sagt er am Nachmittag in Düsseldorf. Die Aktion aus Berlin war zuvor mit den vier Landes-Innenministerien abgestimmt worden. Jetzt, nach Verbot und Beschlagnahme, kommen deren Polizeikräfte vermutlich - so schnell nicht wieder.