Bochum. Die Zahl der Pedelecs im Ruhrgebiet steigt und damit auch die Zahl der Radunfälle. Die Verkehrswacht Bochum gibt Tipps zum Umgang mit dem E-Bike.

Radfahren boomt. Und das liegt nicht nur an der Klimakrise, sondern vor allem an der Corona-Pandemie. Mehr als fünf Millionen Fahrräder sind laut dem Zweirad-Industrie-Verband im Jahr 2020 in Deutschland verkauft worden. Besonders das E-Bike erfreut sich immer größerer Beliebtheit: 1,1 Millionen Privathaushalte in Nordrhein-Westfalen besitzen laut dem Statistischen Landesamt IT NRW mindestens ein Elektrorad. Der Anteil der Haushalte mit Pedelecs hat sich damit seit 2015 mehr als verdoppelt.

Doch wo viel in die Pedale getreten wird, passieren auch mehr Unfälle. Im Jahr 2020 verunglückten nach Angaben der Verkehrsunfallstatistik des Landes 3.897 Pedelec-Fahrer in NRW. Das entspricht einem Plus von rund 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als die Hälfte der Verunglückten entfällt auf Menschen über 65 Jahre.

„Ich habe wirklich Respekt davor“, sagt Andrea Dyba, die an diesem Nachmittag an einem Fahrsicherheitstraining für E-Bike-Fahrer in Bochum teilnimmt. Die 58-Jährige sitzt erst zum vierten Mal auf ihrem neuen roten Elektrorad. Schotter, Sand und steile Abfahrten lösten bei ihr noch „ein unsicheres Gefühl“ aus.

Fahren mit dem E-Bike: „Wenn ich unsicher bin, steige ich lieber ab“

Die Verkehrswacht Bochum bietet seit drei Jahren in Zusammenarbeit mit der Verkehrsunfallprävention der Polizei Sicherheitstrainings für Pedelec-Fahrer an – kostenlos für Menschen über 50 Jahre, 30 Euro für alle, die jünger sind. Neben dem richtigen Sitz des Helms (ohne darf niemand an dem Kurs teilnehmen) und der korrekten Sattelhöhe lernen die Teilnehmer auf einem Sportplatz das Bremsen, fahren Slalom und durch enge Kurven.

„Gerade für ältere Menschen ist das E-Bike eine gute Möglichkeit, um mobil zu bleiben“, sagt Polizeihauptkommissarin Eva Waga-Paluch. Viele aber hätten ewig nicht mehr auf dem Rad gesessen, seien aus der Übung und unterschätzten die Geschwindigkeit. So erreiche man mit einem Pedelec (Pedal Electric Cycle) ohne Anstrengung Geschwindigkeiten von bis zu 25 km/h. „Man muss sich daran gewöhnen“, sagt die stellvertretende Leiterin der Bochumer Verkehrsunfallprävention. „Und sich auch Zeit nehmen, das Fahren zu üben.“

Bochumerin Andrea Dyba (58) saß erst wenige Male auf ihrem neuen Elektrorad.
Bochumerin Andrea Dyba (58) saß erst wenige Male auf ihrem neuen Elektrorad. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Wie wichtig das ist, weiß eine 69-jährige Kursteilnehmerin aus eigener Erfahrung: Bei einem Ausflug mit ihrem Elektrorad vor zwei Jahren nahm sie eine Kurve zu eng, fiel auf die Seite, das rund 25 Kilogramm schwere E-Bike auf sie. Zum Glück sei nichts Schlimmes passiert, sagt die Bochumerin. Aber: „Wenn ich unsicher bin, steige ich jetzt lieber ab.“

E-Bike statt Strampeln: „Das macht schon Spaß!“

Neben Unfällen, die auf der Straße passieren – beim Abbiegen oder wenn Autofahrer unachtsam die Tür öffnen –, komme es auch häufiger auf vollen Radtrassen zu Zusammenstößen, gibt Eva Waga-Paluch von der Polizei Bochum zu bedenken. Spaziergänger, Jogger, Radfahrer, Inline Skater – „Wir müssen alle aufeinander Rücksicht nehmen.“ Und wer einen Läufer überholen wolle, sich aber nicht mehr so gut umdrehen könne, dem helfe ein Spiegel: „Der sollte – ebenso wie ein gut sitzender Helm – bei einem Fahrrad für rund 3000 Euro auch noch drin sein.“

Jürgen Hasenbein hat als einziger der zehn Kursteilnehmer einen solchen Spiegel an seinem Lenker – „für 26 Euro bei ebay gekauft“. Der 54-Jährige ist leidenschaftlicher Motorradfahrer, sein Fahrrad stand „seit Jahren“ in der Garage. Vor ein paar Monaten habe er es wieder hervorgeholt, die Reifen aufgepumpt und sei losgefahren, erzählt er. Nach 16 Kilometern sei es dann passiert: „Die Kette ist gerissen.“ Seit zwei Monaten ist Jürgen Hasenbein nun mit Elektromotor unterwegs – sechs Wochen habe er auf sein neues Rad warten müssen. „Was ich so gehört habe“, sagt Hasenbein und schaut zu den anderen Teilnehmern herüber, „bin ich damit noch ganz gut dabei.“

Auch Gabi ist erst vor wenigen Tagen auf ein Pedelec umgestiegen: „Ich habe mich früher immer über die E-Bikes geärgert“, gibt die Bochumerin zu. Im Urlaub habe sie dann zum ersten Mal auf einem Elektrorad gesessen und gemerkt: „Das macht schon Spaß!“ Ob ihr Fahrrad ohne Motor noch einmal zum Einsatz kommt? „Ich hoffe es“, sagt die 54-Jährige und lacht. Mit dem E-Bike sei eben vieles einfacher.

Helm und Sattelhöhe müssen stimmen

■ Polizeihauptkommissarin Eva Waga-Paluch gibt zu Beginn des Sicherheitstrainings Tipps zum richtigen Sitz des Fahrradhelms: So sei das Verstellrädchen an der Hinterseite nicht dafür da, den Helm an den Kopf anzupassen. Es sorge dafür, dass der Helm bei einem Sturz nicht vom Kopf rutsche und müsse dementsprechend fest zugedreht werden.

■ Und auch der Sattel sollte für das Fahren in der Stadt lieber etwas tiefer sein – sodass man mit den Füßen noch auf den Boden kommt.