Ruhrgebiet. Lange mussten Abiturienten um ihre Abschlussfeier bangen. Nun können sie ihr bestandenes Abitur doch noch feiern. Was trotz Corona erlaubt ist.
Vor zwei Jahren hatten János Vincenz und seine Mitschüler die alte Schlossfabrik in Solingen gebucht. Es sollte eine große Feier werden mit langen Kleidern, leckerem Essen und lauter Musik. Doch Corona hat die Pläne vieler Abiturienten zerschlagen, die allermeisten haben dem DJ längst abgesagt. Nicht aber die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Essen-Werden: „Wir haben immer sehr optimistisch an unserem Abiball festgehalten“, sagt János Vincenz.
Anfang Juni kam die erleichternde Nachricht: „Selbst organisierte Feste von Schulabgangsklassen oder -jahrgängen“ – dazu zählt auch der Abschlussball – sind in NRW bis zum 11. Juli erlaubt, sofern die Inzidenz unter 100 liegt. Möglich sind laut der Corona-Schutzverordnung des Landes allerdings nur Feiern innerhalb eines Jahrgangs, also ohne Eltern, Geschwister und Freunde. Für die Abiturienten des Gymnasiums Essen-Werden bedeutet das: Statt mit 600 bis 800 Gästen werden sie am Samstag (26.6.) nur mit 170 Leuten feiern, darunter neben den Schülern auch einige Lehrer.
Schüler haben wegen Corona kaum Geld in der Abi-Kasse
„Wir haben Glück, dass wir einen sehr kulanten Veranstalter haben“, sagt János Vincenz, der als Jahrgangssprecher den Abiball mitorganisiert. „Wir können einen Tag vorher noch absagen und bekommen das gesamte Geld zurück“, so der 18-Jährige. „Das war mit Sicherheit der Hauptgrund, warum wir so lange an der Feier festgehalten haben.“
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Da sich der Preis nach der Anzahl der Gäste richte, könnten sich die Abiturienten die Location trotz der im Vergleich zur Planung deutlich gesunkenen Personenzahl leisten. „Die Kosten“, sagt János Vincenz, seien dennoch ein großes Problem. Da es im vergangenen Jahr so gut wie keine Veranstaltungen in der Schule gegeben habe, sei durch Kuchen- oder Brezelverkauf auch kein Geld in die Abi-Kasse geflossen. Um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, gibt es am Abend Pizza – und kein Drei-Gänge-Menü.
Und auch das Programm fällt kleiner aus: Sektempfang, Kontrolle der negativen Corona-Tests, Überprüfung der Teilnehmerliste – „und dann wollen wir eigentlich nur noch feiern“, sagt János Vincenz, der seinen Mitschülern in den vergangenen Monaten immer wieder Mut machen musste: „Ich habe immer gesagt: ‚Wir haben uns das verdient und wir halten daran fest!‘“
Schulen im Ruhrgebiet organisieren feierliche Zeugnisübergabe
Auch wenn nicht alle Schülerinnen und Schüler in der kurzen Zeit noch einen Abiball auf die Beine stellen konnten, auf eine feierliche Übergabe der Abiturzeugnisse müssen die meisten nicht verzichten:
Gleich mehrere Duisburger Schulen wollen in den kommenden Wochen im Landschaftspark Nord ihre Abiturienten verabschieden. Die Stadt hatte den Schulen angeboten, die Fixkosten für eine Feier in der Kraftzentrale in Höhe von 18.000 Euro zu übernehmen. Die ersten 77 Abiturienten feierten am vergangenen Wochenende mit Familien und Freunden dort ihren Abschluss. Neben einer Maske war für jeden der rund 280 Gäste ein negativer Corona-Test Pflicht.
Die 164 Abiturientinnen und Abiturienten des Gymnasiums Essen-Werden erhalten am Freitag (25.6.) ihre Zeugnisse. „Wir haben das Glück, dass wir einen großen Schulhof haben“, sagt Schulleiterin Felicitas Schönau. Auf dem Balkon der Schule bekäme jeder Schüler einzeln sein Abiturzeugnis überreicht, unten versammelten sich die Eltern. „Es ist traumhaft schön draußen unter den Bäumen“, schwärmt Schönau. „Das werden wir jetzt wahrscheinlich immer so machen.“
„So schön wie 2020 war die Atmosphäre eigentlich noch nie“
Auch Johannes Rienäcker, Leiter des Albert-Martmöller-Gymnasiums in Witten, will die Abiturzeugnisse am Freitag wieder auf dem Hof der Schule übergeben. „So schön wie 2020 war die Atmosphäre eigentlich noch nie“, sagt er und erinnert sich an den ausgerollten roten Teppich, über den die Abiturienten damals geschritten sind. Doch die Feier unter freiem Himmel hat auch ihre Tücken: Sollte das Wetter nicht mitspielen, müssten die Zeugnisse in der Aula oder Turnhalle in mehreren Durchgängen verliehen werden.
Sonderregelung für schulische Feiern
Schulische Abschlussveranstaltungen, zum Beispiel zur Übergabe der Abiturzeugnisse, sind in NRW unter bestimmten Voraussetzungen möglich:
Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter 35 (Inzidenzstufe 1), sind in geschlossenen Räumen bis zu 1.000 Gäste erlaubt. Voraussetzung ist, dass der Mindestabstand eingehalten werden kann. Alle Gäste müssen eine Maske tragen und einen negativen Corona-Test vorlegen.
Findet die Zeugnisvergabe draußen statt, sind auch mehr Gäste erlaubt. Bei einer Teilnehmerzahl bis zu 200 Personen ist im Freien kein negativer Corona-Test erforderlich.
Für selbstorganisierte Feiern wie Abibälle gelten diese Sonderregeln ausdrücklich nicht.
Christhilde Schwindt, Schulleiterin des Grillo-Gymnasiums in Gelsenkirchen ist jedoch optimistisch, dass es am Wochenende trocken bleibt. Die 42 Abiturientinnen und Abiturienten werden dann – in zwei Durchgängen – ihre Zeugnisse auf dem Schulhof erhalten. Anschließend sei noch Zeit, um mit Familie und Freunden Fotos zu machen oder bei einem kühlen Getränk beisammen zu stehen. „Einen Abiball“, sagt Schwindt, „wird es meines Wissens nach aber nicht geben“. So organisierten die Abschlussjahrgänge die Feier in der Regel selbst.
Abiball in Bottrop: „Wir sind alle voller Vorfreude“
Dass die Schüler in diesem Jahr überhaupt ihr bestandenes Abitur feiern können, war lange nicht klar. „Es war für uns alle noch einmal sehr sportlich“, sagt Ingo Scherbaum, Schulleiter am Josef-Albers-Gymnasium in Bottrop. Vor einigen Wochen hätte man nicht im Traum daran gedacht, dass eine Abschlussfeier im Juni möglich wäre. Die 115 Schülerinnen und Schüler erhalten am Samstag im Lichthof des Berufskollegs der Stadt ihre Zeugnisse. Anders als im vergangenen Jahr darf jeder Abiturient zwei Begleitpersonen mitbringen. Damals waren die Familien nur per Livestream zugeschaltet.
Für den Abi-Jahrgang ist die Feier damit aber noch nicht zu Ende: Nach der Zeugnisübergabe geht es für die Schüler aus Bottrop weiter nach Kirchhellen ins Brauhaus am Ring. „Total spontan“, sagt Stufensprecherin Greta Baum. Geplant sei eine Art Abiball in kleinem Rahmen – mit DJ, Fotograf und Fingerfood. „Wir sind alle voller Vorfreude.“