Ruhrgebiet. Viele Ausflugsziele sind überlaufen. Um sie zu entlasten, empfiehlt der Regionalverband Ziele wie den Naturpfad Langeloh und die Bislicher Insel.
Nur ein paar Anlieger mit ihren Hunden kommen pflichtbewusst des Weges, ansonsten sind die beiden Hühnerschultes so früh morgens nahezu allein im Wald, und das ist pure Absicht. Das Paar aus Essen macht das nämlich immer so, sucht sich einen neue Strecke und wählt dazu eine Zeit, wo wenige Menschen laufen. Das Ruhrgebiet sitzt noch beim Frühstück, Hühnerschultes sind unterwegs.
Neu für sie ist an diesem Morgen der „Naturpfad Langeloh“, eine etwa fünf Kilometer lange Strecke. Das Hintergrundrauschen des Verkehrs wird leise, Vögel zwitschern, Reiter führen ihre Pferde vorbei: Das Landschafts- und Naturschutzgebiet liegt zwar zwischen Castrop-Rauxel, Herne und Bochum, aber irgendwie ist das Ruhrgebiet hier ziemlich weit weg. Bis auf Oberleitungen und, in der Ferne, den Förderturm der Zeche Erin.
Allein die Doppelhalde in Herten besuchen 130.000 Menschen im Jahr
Der Naturpfad gehört zu einer Reihe nicht ganz so bekannter Strecken, die der Regionalverband Ruhr (RVR) den Leuten jetzt ans Herz legt. Denn viele der wichtigsten Anziehungspunkte des Ruhrgebiets sind wegen der Seuche in den letzten Monaten furchtbar, nun ja, überlaufen.
Das Zollverein-Gelände in Essen besuchen mehr als eine Million Menschen im Jahr, ebenso den Landschaftspark Nord in Duisburg. Eine einzige Halde wie Hoheward/Hoppenbruch in Herten zieht 130.000 Menschen an. Sonstige Top-Ziele: das Waldgebiet Haard, die Grünzüge des Emscher Landschaftsparks, die Stauseen natürlich. Und der Frühling kommt erst noch.
In den Wäldern sind doppelt so viele Menschen unterwegs wie vor Corona
In den Wäldern des RVR sind doppelt so viele Menschen unterwegs wie vor Corona, an den Wochenenden viermal so viele. Denn „spazieren gehen ist eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen, denen man noch weitestgehend uneingeschränkt nachgehen kann“, so ein Sprecher: „Die Zugriffszahlen im Internet auf das Thema Wandern bei der Ruhr-Tourismus (RTG) bestätigen das.“ Das gelte such für den RTG-Blog „mein-ruhrgebiet.blog“.
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So kommt man dann auf Langeloh. Ein rechtes Auf und Ab ist das, halb ein Waldweg mit Resten von Wintermatsch, halb zwischen besonnten Äckern hindurch und an der Obstwiese links; kratzt einmal kurz an einer Herner Siedlung, die jedoch auch nicht aussieht wie Herne. Ansonsten: Kinder suchen Feuersalamander und stauen einen Zulauf zum Roßbach, ein paar Jogger grüßen im Vorüberlaufen, Hundehalter, Fahrradfahrer - aber voll ist tatsächlich anders, auch später am Tag.
„Sie laufen in keiner Polonaise mit“
Jürgen Hettermann wohnt schon lange hier, hat gerade an seinem Haus zu tun und Zeit für ein paar Fragen. Der Weg werde offenbar gerade bekannter, sagt der Herner, sei aber noch eher ruhig: „Sie laufen in keiner Polonäse mit.“ Aber „wenn man eine Stunde hier sitzt, sieht man alles“. Leute, die falsch abbiegen und am Ende im Gysenberg-Park landen (Achtung: voll).
Und wer richtig Pech hat, findet sich wieder im Industriegebiet. Denn die Markierung der Strecke mit gelben und roten Pfeilen für die Lang- und die Kurzstrecke ist manchmal allzu sorgfältig versteckt. Stellen sich zwei Frauen zwei Männern in den Weg: „Wir möchten jetzt von Ihnen den Weg wissen!?“
RVR empfiehlt die Bislicher Insel, den Mechtenberg, das Elbschetal und vieles mehr
Wer weitere Wege wissen will, die der Regionalverband empfiehlt, kann nachschauen unter www.ruhr-tourismus.de/spazieren. Da findet sich beispielsweise die Bislicher Insel in Xanten, wo der Rhein Strände hat, Vögel überwintern und Biber entlang schwimmen. Das Elbschetal in Wetter. Die Dingdener Heide in Haminkeln mit dem „Wolf-Infopfad“ - bemerkenswert. Oder einer der wenigen echten Berge im Ruhrgebiet: der Mechtenberg zwischen Bochum, Essen und Gelsenkirchen mit der nahe gelegenen Halde Rheinelbe und deren „Himmelstreppe“.
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Doch so hoch wollen wir jetzt nicht hinaus. Am Ende trifft man auf dem Wanderparkplatz, wo alles begann, Hühnerschultes wieder. „Wunder-, wunderschön“, sagt Martina Hühnerschulte: „Ich war bestimmt nicht das letzte Mal hier. Vor allem Kinder können hier viel erkunden.“ Das wäre dann der echte Härtetest: ein Spazierweg, der Kinder nicht langweilt.