Essen. Vom Stadion zum DJ-Pukt mit Chartgott Capital Bra: Joel Ngom Ngom aus Essen begrub seinen Traum vom Profifußball und lässt nun die Stars tanzen.
Ein Aprilabend im Jahr 2019, Joel Ngom Ngom erreicht die Münchner Edel-Diskothek P1. Seine Nervosität steigt. Ngom Ngom weiß auch, wer heute auf der Gästeliste steht. Leichtathletik-Superstar Usain Bolt hat sich angekündigt. Sängerin Lena Meyer-Landrut will im P1 feiern. Auch viele Spieler des FC Bayern München tragen ihre Ausgeh-Klamotten. Der Gastgeber ist ihr Teamkollege: Jerome Boateng, Fußball-Weltmeister von 2014 und Lifestyle-Magazin-Verleger, schmeißt die Party.
Bässe wummern. Stroboskop-Blitze erleuchten die Tanzfläche. Joel Ngom Ngom soll nun die Stimmung weiter anheizen. Der Essener steht am DJ-Pult. Mit Talent, Zufall und den richtigen Kontakten hat er sich den Platz erarbeitet. Aber auch ein zerplatzter Traum spielt in seiner Geschichte eine Rolle. Denn eigentlich wollte Joel Ngom Ngom selber Karriere auf dem Fußballplatz machen.
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Bei Schalke mit Kaan Ayhan und Max Meyer
Der Junge aus dem Essener Stadtteil Stoppenberg schafft es in die Jugendabteilung von Schalke 04. Seine Mitspieler heißen Kaan Ayhan und Max Meyer. Beide starten später durch. Ayhan spielt mittlerweile bei US Sassuolo in Italien. Meyer steht aktuell beim 1. FC Köln unter Vertrag.
Joel Ngom Ngom schlägt einen anderen Weg ein. Die Konkurrenz auf Schalke ist bald zu groß. Er wechselt zurück in seine Heimatstadt. Ab 2011 läuft der Abwehrspieler noch drei Jahre für die Jugend von Rot-Weiss Essen auf. Anschließend bestreitet er acht Oberliga-Partien für Schwarz-Weiß Essen. „Doch nach und nach habe ich die Lust am Fußball verloren“, erzählt Ngom Ngom. 2015 beendet er seine Laufbahn und sucht nach einer neuen Perspektive.
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Nach einem Treffen mit Kaan Ayhan entwickelt Ngom Ngom schließlich eine neue Leidenschaft. Sein Kumpel hat sich einen DJ-Controller gekauft. Als Ayhan mit der Türkei zu Länderspielen reist, verleiht er den DJ-Controller an seinen alten Teamkollegen. „Ich war richtig besessen von dem Ding“, erzählt Ngom Ngom.
Täglich macht er mehrere Stunden Musik. House und Hip-Hop ertönen in seinem Übungskeller. Die Zuhörer stufen den Mix als partytauglich ein. Freunde fragen Ngom Ngom schließlich, ob er bei einer Veranstaltung in einem Düsseldorfer Club auflegen will. Natürlich will er. „Als ich aufgelegt habe, war noch nicht viel los“, sagt Ngom Ngom. „Da waren gefühlt 20 Leute im Club, aber die hatten Spaß.“
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Mit Chartstürmer Capital Bra
Ein halbes Jahr später ist alles eine Nummer größer. Ngom Ngom kennt Leute, die die Boateng-Party im P1 organisieren. Sie fragen ihn für das Vorprogramm an. Wann es losgehen soll, erfährt Ngom Ngom erst kurzfristig. „Ich saß gerade beim Essen, als mich der Event-Manager anrief“, erzählt der 25-Jährige. „Er wollte wissen, wo ich bleibe.“ Ngom Ngom verabschiedet sich und zieht los – zum P1. Als er drinnen ist, geht’s sofort los. „Ich habe aufgelegt und einfach mein Ding gemacht“, erklärt Ngom Ngom.
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Er rechnet damit, sich nur kurz auszutoben zu können. Kurz nach Mitternacht soll Ngom Ngom dann Platz machen – für einen DJ aus Miami. Doch der Gast aus den USA verspätet sich. Also bleibt Ngom Ngom oben. Er sieht, wie sich Usain Bolt zu seiner Musik bewegt. Zudem begleitet Ngom Ngom Chartgott Capital Bra (keiner hatte mehr Nummer-eins-Hits in Deutschland als Capi) bei einer Rap-Einlage. Erst um 2.30 Uhr hat der Ruhrpott-Junge Feierabend – nach dreieinhalb Stunden auf der Bühne. Als er danach wie in Trance durch den Club läuft, kommt Bayern-Spieler David Alaba auf ihn zu. „Er hat mir gesagt, dass ihm die Musik gefallen hat“, erzählt Ngom Ngom.
Dieser Auftritt im P1 ist sein Durchbruch. Die Rapperin Shirin David bucht den Newcomer für ihre Geburtstags-Party. Danach legt Ngom Ngom unter seinem Künstlernamen „MP3“ in Mailand auf, stöpselt seinen Laptop in Paris ein und animiert das Partyvolk in Sankt Petersburg zum Tanzen. Er kehrt schließlich dem Ruhrgebiet dem Rücken, um nach Berlin zu ziehen. In der Hauptstadt feiern die Gäste des „808 Berlin“ zu seiner Musik. Es läuft für Ngom Ngom.
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Anfang 2020 sitzt er mit einem Partyveranstalter in Stuttgart zusammen. Ngom Ngom ist für den Abend gebucht. Auf einmal vibriert das Handy seines Gegenübers. Ein Anruf vom Ordnungsamt. Die Party muss ausfallen. Corona breitet sich in Deutschland aus und harte Zeiten brechen an – erst recht für einen DJ. Eine Absage folgt der nächsten.
Mit dem Fußball abgeschlossen
Ngom Ngom zeigt Verständnis für den Lockdown. Aber er kann es kaum erwarten, dass die Clubs wieder öffnen. Damit hätte der Künstler wieder regelmäßige Einkünfte. „Und natürlich vermisse ich meinen Job“, sagt Ngom Ngom.
Bis es soweit ist, hört er Musik, mischt Songs zusammen und studiert seine Bewegungen am DJ-Pult ein. Das Training unterbricht er auch nicht, wenn die Bundesliga im Fernsehen läuft. „Ich schaue mir nur noch selten Spiele an“, sagt Ngom Ngom. „Mit dem Fußball habe ich abgeschlossen.“
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