Oberhausen. Strahlen, schweißen und lackieren. So aufwendig wird der Gasometer in Oberhausen derzeit saniert.
Höher hinauf geht es nicht für Frau Ministerin. Jedenfalls nicht an diesem Donnerstag. 100 Meter über dem Boden steigt Ina Scharrenbach aus dem Baufahrstuhl, der sie aufs Dach des Gasometers in Oberhausen gebracht hat. Sie will sie sich über den Stand der 14,5 Millionen Euro teuren und seit gut einem Jahr laufenden Sanierungsarbeiten an dem Industriedenkmal informieren. Kaum ist sie aus dem Lift gestiegen, zerrt ein stürmischer Wind an Scharrenbach und verschont auch Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regionalverbandes Ruhr (RVR) und den Oberhausener Bürgermeister Daniel Schranz nicht.
Aber Scharrenbach lässt sich nicht mehr aufhalten, geht noch ein Stück weiter über das Dach und klettert schließlich durch eine kleine Luke in die Rotunde, von wo aus man einen guten Überblick bekommt. Wenn schon, denn schon. Schließlich ist die CDU-Politikerin Bauministerin und der Gasometer, dieser besondere Ausstellungsort, „keine Baustelle wie jede andere“.
30000 Quadratmeter Plane wurden gezogen
Das stimmt. Allein das Material für das Gerüst, das sie aufgebaut haben rund um den Bau, wiegt 1000 Tonnen. Darüber sind dann 30.000 Quadratmeter weiße Plane gezogen worden. Schließlich soll nicht verweht, sondern entsorgt werden, was herunterfällt an Farb- und Metallresten bei der Sanierung. Und damit die Spezialisten im Herbst und Winter „trockene und temperaturkonstante Arbeitsbedingungen“ haben, wie Jeanette Schmitz, Geschäftsführerin der Gasometer GmbH, Architekt David Auerbach und Projektleiter Burak Dogan erklären.
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Derzeit arbeiten rund 70 Leute auf dem Bau, allein 18 Mitarbeiter einer Fachfirma kümmern sich in zwei Schichten um den Korrosionsschutz des Stahlgerüstes. Die alte Schutzschicht hatte sich nämlich – vor allem wetterbedingt – im Laufe der Jahre abgenutzt. Stellenweise war sie von fünf auf 2,5 Millimeter geschrumpft, und hier und da stand der Rost kurz vor der Übernahme der Macht. Nicht heute, nicht morgen – aber „irgendwann hätte es Probleme mit der Standfestigkeit gegeben“, sagt Schmitz.
Bis zur Original-Lackierung ging es durch 13 Farbschichten
Bevor begutachtet und gegebenenfalls wiederhergestellt werden kann, muss aber erst einmal der alte Lack ab. Was einfacher klingt, als es ist. Weil seit dem Wiederaufbau des Gasometers im Jahr 1949 immer wieder einfach nur „drübergestrichen“ wurde, sind jetzt insgesamt 14 Farbschichten zu entfernen, um möglichen Roststellen auf die Spur zu kommen.
Auf dem Dach hat ein Spezialroboter den größten Teil der Arbeit erledigt, innen aber müssen die Experten selbst trockenstrahlen. Unter Atemmasken und in Spezialanzügen hängen sie dabei mit Seilen und Haken gesichert im Gasometer.
Ist die Farbe ab, werden angerostete und beschädigte Elemente geschweißt. Dann folgen Grundierung, Zwischenschichten und die finale Deckfarbe. Letztere machte besonders viel Arbeit. „Uns war es wichtig, dem Gasometer sein ursprüngliches Gesicht zurückzugeben“, sagt Jeanette Schmitz. Farb-Fotos aus dem Jahr 1949 aber gibt es nicht vom Gasometer.
Um die Original-Farbe zu bestimmen, kämpften sich zwei Mitarbeiterinnen vom Amt für Denkmalpflege des Landesverbandes Rheinland mühsam durch 13 Schichten bis zur Original-Lackierung: einem grauen Grundton mit oxydrötlicher Einfärbung, der jetzt wieder aufgetragen wird – im Gegensatz zum Original aber mit Eisenglimmer, um den Korrosionsschutz zu verstärken.
Arbeiten sollen im nächsten Frühling beendet sein
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Man liege weitgehend im Plan, heißt es bei der Gasometer GmbH. „Wir gehen davon aus, dass wir im Frühling fertig werden“, sagt Schmitz, die schon vor einiger Zeit die erste neue Ausstellung angekündigt hat. Nur ein extrem strenger Winter könne den Zeitplan noch durcheinander bringen.
Nach gut 60 Minuten ist die Landesbauministerin wieder am Boden angekommen. „Beeindruckend“, fasst sie in einem Wort zusammen, was sie gesehen hat. „Nichts an dieser Baustelle ist Standard, alles ist speziell.“ Auch dass viele Menschen sie gar nicht als Baustelle erkennen. „Wir bekommen“, bestätigt Jeanette Schmitz, „immer wieder Anfragen, was denn das für ein Kunstprojekt sei, das das gerade im Gasometer laufe.“