Ruhrgebiet. Am Mittwoch öffnen die ersten Freibäder im Ruhrgebiet. Gäste freuen sich, doch selbst bis zum Sonntag werden nur wenige Bäder in Betrieb gehen.
Maske auf, es geht ins Freibad! Um kurz vor 10 Uhr früh stehen vielleicht zehn Leute Schlange vor dem Guido-Heiland-Bad in Marl und unterhalten sich über die Annehmlichkeiten, die sie gleich drinnen erwarten. „Wie kalt ist das Wasser denn?“ „17 Punkt 4 gestern mittag.“ „Die Tage noch 15 Punkt 8.“
Es ist die Stelle, an der die Meinungen sich fast unmerklich teilen: in „Schon ganz angenehm“ hier und „Hauptsache, wir können ein paar Bahnen schwimmen“ da. Zunächst aber müssen sie sich an der Kasse noch die Hände desinfizieren. Und dass man vor dem Schwimmen die Datenschutz-Grundverordnung unterschreibt (Artikel 6, Absatz 1c), d), e), das ist auch neu.
Bis die meisten öffnen, ist es „kurz vor den Sommerferien“
Am Mittwoch dürfen die rund 340 Freibäder in Nordrhein-Westfalen wieder aufmachen. Dürfen, nicht machen: Christian Ochsenbauer, Geschäftsführer der „Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfB)“ in Essen schätzt, dass einschließlich des nächsten Wochenendes ein Fünftel der Bäder tatsächlich öffnet.
Viele andere klagen, sie hätten zu wenig Zeit, die Vorgaben des Landes umzusetzen in Sachen – da kommen Sie nie drauf – in Sachen Hygiene und Abstand. Bis die meisten Freibäder in Betrieb sind, schätzt Ochsenbauer, ist es „kurz vor den Sommerferien“.
Handtuch rum, Hose runter: Gesundheitsschutz schlägt Schamgefühl
Im Ruhrgebiet ist es nicht einmal eine Handvoll Bäder, die am Mittwoch dabei sind, das „Südpool“ in Herne zum Beispiel ist dabei oder der „Aquapark“ Oberhausen. Aber das kann den frühen Schwimmern in Marl ganz egal sein: Ihr „Guido“ läuft. Ein früheres Stadtbad ist das, das eine Bürgerinitiative gerettet hat und seit 30 Jahren betreibt.
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„Ich bin eine Wasserratte, ich gehe auch bei 15 Grad in die Nordsee“, sagt Walter Hasse: „Das ist für mich Freiheit, von Kindesbeinen an.“ Und was betrifft ihn Corona? „Ich rühre die Umkleiden nicht an, ich erledige alles an der Bank“, sagt der 65-jährige Rentner. Sieht man gelegentlich an diesem Mittwoch: Handtuch rum, Hose runter. Gesundheitsschutz schlägt Schamgefühl.
Sprungturm, Rutsche, Babybecken sind geschlossen wegen der Abstandsregeln
Immer zwölf, vielleicht 15 Menschen sind es, die hier schwimmen. Was zu erwarten war: Denn eine strahlende Wettervorhersage für diesen Mittwoch schlägt sich nun nieder in etwas enttäuschenden 16 Grad und trüben Wolken. Vielleicht gar nicht schlecht für den ersten Tag, man kann sich einarbeiten. Was zu sehen ist von Corona? Flatterband an den Leitern ins Wasser, sie könnten sie nicht oft genug desinfizieren. Sprungturm gesperrt, Rutsche auch, Babybecken auch. Ein Aufsteller erklärt das alles: „Abstand schützt.“
Aber das Schwimmen macht Spaß, auch bei 17 Punkt 4. Eine eingeschwommene Gemeinschaft. Mehr oder weniger entschlossen ziehen sie ihre Bahnen, vielleicht etwas weniger die drei schwimmend plaudernden Rentnerinnen auf der Innenbahn, vielleicht etwas mehr der schnelle Krauler in Neopren. Am Rande steht Bademeisterin Melli Krispin, desinfiziert schon wieder die Haltegriffe am Einstieg ins Becken und hat ihre Zahlen im Kopf: „216 Leute dürfen ins große Becken, 156 ins kleine.“ Das kann doch kein Menschen zählen! „Doch, das geht“, sagt Krispin. Berufserfahrung.
„Wenn es zu warm wäre, wäre es mir zu voll“
Und wie hat die Initiative es hier geschafft, so früh zu öffnen? Sie hätten nicht auf die Vorgaben der Landesregierung gewartet, sagt der Vorsitzende Peter Weiler, sondern schon vorher in die Pandemie-Pläne der DGfB geschaut und früh begonnen, sie umzusetzen. Was dann vom Land kam, war nichts Neues mehr. Und zack, bist du unter den Ersten! „Sonst machen wir immer zum 1. Mai auf, ob’s hagelt oder schneit.“
Diese Corona-Baderegeln gelten
In einer Anlage zur aktuellen Coronaschutzverordnung sind genaue Hygienestandards für Freibäder formuliert. Unter anderem gilt. . .
Der Zugang muss so begrenzt werden, dass auf dem Gelände die allgemeinen Abstandsregeln eingehalten werden können. Als Maßstab gilt: maximal ein Gast pro 10 qm Freibadfläche.
Alle Besucher müssen ihre Kontaktdaten angeben. Diese werden vier Wochen lang aufbewahrt, anschließend vernichtet.
Gastronomie darf öffnen, sofern die generellen Vorschriften beachtet werden. Selbstbedienung gibt es nicht.
In geschlossenen Räumen müssen Gäste und Mitarbeiter einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Stühle, Tische, Liegen sowie alle Räume müssen regelmäßig gereinigt werden.
Froh ist auch Bernhard Pulina, der für heute Schluss macht. Schön war’s, denn „wenn es zu warm wäre, wäre es mir zu voll“. Er liebt auch dieses Bad, es sei noch ein richtig schönes Schwimmbad „und kein Spaßbad“. Eine 1000-Meter-Strecke hat Pulina jetzt hinter sich, erstmals wieder, seit alle Bäder schlossen im März. „Fertig für heute. Im doppelten Sinn.“