Essen. Der Streit mit einem Essener U-Bahn-Fahrer bringt eine Gelsenkirchenerin vors Essener Strafgericht. Angeklagt ist Widerstand gegen die Polizei.
Der Anklagevorwurf will so gar nicht passen zu der sanft und gepflegt wirkenden Gelsenkirchenerin. Widerstand gegen die Polizei, einen tätlichen Angriff auf die Beamten, Körperverletzung und Beleidigung wirft die Staatsanwaltschaft der 39-Jährigen vor. Sie soll nach einem Streit mit einem U-Bahn-Fahrer in Essen-Karnap völlig ausgerastet sein. Das verlangt eigentlich nach einer harten Strafe. Doch die Essener Amtsrichterin Daniela Riedl hat ein Einsehen und verurteilt sie zu einer Geldstrafe auf Bewährung.
Das bedeutet, dass die Angeklage die 1500 Euro (150 Tagessätze zu 10 Euro) nicht zahlen muss, wenn sie zwei Jahre lang keine weiteren Straftaten begeht. Dass eine Geldstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, ist eine rechtliche Möglichkeit, die von den Gerichten nur selten genutzt wird.
U-Bahn-Fahrer will die Frau nicht mitnehmen
Der Hintergrund des Falls ist nicht ganz klar, weil die aus dem Gelsenkirchener Stadtteil Horst stammende Angeklagte vor Gericht schweigt. Zwei Polizisten, 26 und 25 Jahre alt, berichten, dass es am 21. Juni um 10.20 Uhr in der U 11 wohl zwischen ihr und dem Fahrer der Bahn Streit um ihr Ticket gegeben habe. Der Bahnfahrer habe sie nicht mehr mitnehmen wollen. Als sie sich weigerte, die Bahn zu verlassen, blieb er an der Haltestelle "Alte Landstraße" in Karnap stehen.
Die Frau "randalierte und war sehr aggressiv", heißt es in der Anklage. Die Polizisten hätten sie der Bahn verwiesen, doch sie habe nur geschrien und "ohne Vorwarnung" nach einem Beamten geschlagen. Schließlich sei sie doch draußen gelandet - mit sanftem Zwang.
Polizist weiß nichts mehr von Schlägen
In der Aussage der beiden Beamten hört sich das Ganze weit weniger dramatisch an. Sie hätten schnell handeln müssen, sagt der 26-Jährige, weil auf der Strecke bereits ein Stau durch die folgenden U-Bahnen entstanden sei. Dass die Frau nach ihm geschlagen habe, weiß er gar nicht mehr. Und seine Kollegin erinnert sich, dass einige Fahrgäste gesagt hätten, der Fahrer habe wohl überreagiert.
Eine Anzeige hätten sie jedenfalls nicht geschrieben, wenn es nicht zu dem zweiten Vorfall gekommen wäre. Denn um elf Uhr tauchte die Gelsenkirchenerin auf der Polizeiwache in Altenesssen auf. Sie sei sehr aufgeregt gewesen, habe ihn kaum zu Wort kommen lassen, erzählt der 25 Jahre alte Polizist von der Wache. Er will aber herausgehört haben, dass sie sich von der Polizei in der U-Bahn ungerecht behandelt fühlte.
Polizisten drängen die Frau aus der Wache
Es bleibt wohl bei einem sehr aufgeregten Wortschwall. Den nimmt aber eine 27-jährige Beamtin aus dem Nebenraum, auch im Gerichtssaal zupackender wirkend, zum Anlass, sich einzuschalten. Gemeinsam drängen sie die 39-Jährige heraus. "Sie störte enorm den Wachbetrieb. Wir haben ihr geholfen, dass sie geht", umschreibt es die Polizistin.
Draußen soll sie sich heftig gewehrt haben, die Beamten brachten sie zu Boden, fesseln sie. Dabei soll die Angeklagte die Polizistin getreten und beide beleidigt haben. Verletzungen gab es allerdings nicht. Alkohol oder illegale Drogen sind den Polizisten bei der 39-Jährigen nicht aufgefallen.
Was tun mit einer solchen Angeklagten, bislang nicht vorbestraft? Die Essener Amtsrichterin Daniela Riedl lässt Milde walten. Immerhin hatte die Gelsenkirchenerin sich im letzten Wort doch noch zur Tat bekannt und entschuldigt: "Es tut mir unendlich leid, dass es dazu gekommen ist." Und so kommt es zur Geldstrafe mit Bewährung. "Sie macht einen vernünftigen Eindruck", sagt die Richterin.