Essen. Der Überfall auf den “Olympia-Grill“ im Essener Ostviertel galt lange Zeit als Symbol eines Clan-Krieges. Vor Gericht gab es dafür keine Beweise.
Zum Schluss blieb kaum etwas übrig von den massiven Vorwürfen, die Polizei und Staatsanwaltschaft in Zusammenhang mit einem Überfall auf eine Teestube in Essen erhoben hatten. Denn für einen Clan-Krieg, eine Schutzgelderpressung oder eine andere Gewalttat fand das Essener Schöffengericht keinen Beweis, der die Angeklagten belastet hätte. Es stellte das Strafverfahren gegen vier Mitglieder der aus dem Libanon stammenden Familie A.-Z. ein.
Seit dem 3. September hatte das Gericht unter Vorsitz von Richterin Eva Proske versucht, Licht in das Dunkel der Nacht zum 6. Dezember 2017 zu bringen. Damals war ein Rollkommando von 26 Männern vor der Teestube, früher einmal das griechische Restaurant "Olympia Grill", im Essener Südostviertel aufgetaucht und hatte es laut Anklage verwüstet. Mit 7000 Euro hatte die Anklage den Schaden beziffert, was angesichts heutiger Handwerkerrechnungen nicht ganz für eine komplette Verwüstung spricht.
Unter den Angeklagten auch Bilal "Pumpgun" H.
Gegen die vier Angeklagten hatte die Hauptverhandlung am 3. September begonnen. Drei Männer aus Leverkusen und Solingen, 36 bis 50 Jahre alt, saßen auf der Anklagebank, dazu gehörte auch der 37 Jahre alte Essener Bilal "Pumpgun" H..
Hintergrund der "überfallartigen" Attacke war laut Anklage der Streit um einen Sänger für die Silvesterparty. Der Iraker war für den Essener "Olympia Grill" gebucht, sollte ursprünglich aber auch in Düsseldorf auftreten. Für bereits entstandene Kosten, etwa Saalmiete, forderten die Düsseldorfer 5000 Euro, die der Essener Wirt aber nicht zahlen wollte. Deshalb, so die Anklage, der Überfall, bei dem der 39 Jahre alte Wirt auch verprügelt wurde.
Aussage stark abgeschwächt
Doch konkret zuordnen ließen sich die Gewaltausbrüche den vier Angeklagten nicht. Der Teestubenwirt hatte schon zu Prozessbeginn seine Aussage abgeschwächt und auch nicht mehr von einer Schutzgelderpressung gesprochen. Er blieb aber dabei, dass Bilal H. mit einer Waffe in der Hand hereingestürmt sei. Das bestritt Bilal H. lautstark.
Der Beweiswert des Teestubenwirtes, der führendes Mitglied der Rockergruppe "Al-Salam-313" sein soll, verlor deutlich an Wert, als ein anderer Zeuge ein Video auf seinem Smartphone präsentierte, das der Wirt ihm zugeschickt habe. Darauf ist dieser zu sehen, als er heftige Morddrohungen gegen den Zeugen ausgesprochen haben soll.
Bilal H. in anderer Sache mit Bewährung verurteilt
Das Gericht stellte das Verfahren um den Überfall auf den "Olympia-Grill" angesichts der schwierigen Beweislage ein. Zwei Angeklagte müssen dafür 500 Euro Geldbuße zahlen, einer kam kostenlos davon. Gegen Bilal H. stellte das Gericht das Verfahren ein, weil er vom Landgericht Essen in einer anderen Sache wegen mehrerer kleinerer Delikte zu eineinhalb Jahren Haft mit Bewährung verurteilt wurde und sich eine neue Strafe darauf nicht weiter ausgewirkt hätte.
Ob er in Freiheit bleibt, ist aber nicht sicher. Die Staatsanwaltschaft hat gegen die Bewährung Revision eingelegt. Das Oberlandesgericht Hamm wird entscheiden müssen, ob Bilal H. ins Gefängnis gehen muss.