Essen. Die Angreifer kamen blitzschnell. Aber ob der Überfall auf die türkische Teestube in Essen wirklich ein Clan-Krieg war, klärt jetzt ein Gericht

Schutzgelderpressung libanesischer Clans? Oder doch nur die Eskalation eines Streits um Geld? Diese Frage versucht seit Dienstag das Amtsgericht Essen zu klären. Es geht um den Überfall auf eine türkische Teestube im Essener Ostviertel. Am 5. Dezember 2017 hatten dort laut Anklage "überfallartig" 26 Männer das ehemalige griechische Restaurant "Olympia Grill" gestürmt, den Wirt verprügelt und die Einrichtung demoliert.

Auf der Anklagebank vor dem Schöffengericht sitzen drei Männer der Familie A.-Z. aus Leverkusen und Solingen, 36 bis 50 Jahre alt - außerdem der Essener Bilal H. (37), der aus früheren Zeiten den Spitznamen "Pumpgun" trägt.

Sänger für Silvester war der Auslöser

Laut Anklage war der Streit um eine Silvesterparty der Auslöser. Der Essener Wirt, 39 Jahre alt, hatte dafür einen irakischen Sänger engagiert. Doch der sollte zum Jahreswechsel auch bei einer Veranstaltung in Düsseldorf auftreten. Deshalb solle der Essener 5000 Euro zahlen, hatten laut Anklage die Düsseldorfer gefordert.

Als er nicht zahlte, sollen die Düsseldorfer mit Autos vorgefahren sein und das Lokal gestürmt haben. Mit Schlagstöcken, Tränengas und Schlägen sollen sie Gäste und den Wirt angegriffen haben. Zweimal soll einer der Angreifer mit einer Schreckschusspistole auf den Wirt geschossen haben, er sei auch heftig geschlagen worden. Die zerstörte Einrichtung beziffert die Anklage mit einem Schaden von 7000 Euro.

Bilal H. will nichts gemacht haben

Die Angeklagten schweigen. Bilal H. redet. "Ich habe mit der Sache nichts zu tun", sagt er. Er habe kurz zuvor vom Wirt, der seit 20 Jahren sein Freund sei, gehört, dass dieser Ärger mit den Düsseldorfern habe. Als die größere Gruppe kam, sei er dann weg.

Der Teestubenwirt schränkt als Zeuge seine früheren Aussagen ein. Mittlerweile wisse er, dass den Düsseldorfern durch die Saalmiete ein finanzieller Schaden entstanden sei. Diesen hätten sie ersetzt haben wollen. Es sei falsch, dass er früher von einer Schutzgelderpressung gesprochen habe. So richtig ordnet er keinem der Angeklagten eine Gewalttat zu. Das Schöffengericht überlegt, ob das Verfahren vielleicht eingestellt wird.

Zeuge belastet einen der Angeklagten

Dass der Zeuge einknickt lässt sich nicht behaupten. Denn Bilal H. belastet er ausdrücklich. Dieser sei mit einer Waffe in der Hand hereingestürmt, sagt der Zeuge, der selbst in führender Position bei der Rockergruppe "Al-Salam-313" aktiv sein soll.

Bilal H. ist jedenfalls empört über die Aussage. Lautstark geht er den Zeugen an, lässt sich auch durch Richterin Eva Proske nicht stoppen. Justizwachtmeister kommen, doch dann beruhigt er sich wieder. Zum Schluss entschuldigt er sich, "dass ich ausgeraset bin". Der Prozess wird fortgesetzt.