Essen. . Schutzgelderpressung war den Mitgliedern eines libanesischen Familienclans vorgeworfen worden. Jetzt sprach das Landgericht Essen sie frei.

  • Familie H. ist der Polizei bereits bekannt. Bilal H. hat umfangreiches Vorstrafenregister
  • Betreiber mehrerer Wettbüros warf den Brüdern Schutzgelderpressung vor
  • Landgericht hat Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Nebenkägers

Auch in zweiter Instanz hatte der Freispruch für die Brüder H. Bestand. Den Mitgliedern einer libanesischen Großfamilie hatte die Anklage Schutzgelderpressung vorgeworfen, aber schon das Essener Amtsgericht hatte dafür keinen Beweis gesehen. Jetzt bestätigte das Landgericht Essen in der Berufung den Freispruch, den diesmal auch die Staatsanwaltschaft gefordert hatte.

Ein guter Tag für die Brüder Bilal (35) und Ali H. (33) sowie ihren Onkel Mohamed H. (44), die auch schon andere Erfahrungen gemacht haben. Denn der Name der Familie H., die in der nördlichen City lebt, hat bei Polizei und Justiz einen gewissen Klang. Dazu hat sicherlich das zum Teil umfangreiche Vorstrafenregister („Pumpgun-Bilal“) beigetragen.

150 000 Euro und zwei Wettbüros

Im aktuellen Verfahren ging es um eine angebliche Schutzgelderpressung. Ein 49 Jahre alter Essener, Betreiber mehrerer Wettbüros, hatte ihnen Erpressung vorgeworfen. Als er 2013 drei Filialen der Wettbürokette in Essen eröffnet hatte, habe er schnell Besuch von Mohamed H. bekommen.

Der habe ihn auf gewisse Besonderheiten eines Engagements in Essen hingewiesen: 150 000 Euro für Familie H., außerdem zwei Wettbüros. Unverblümt sei ihm klar gemacht worden, dass sonst sein Leben bedroht sei.

Auch Amtsgericht sah keine Beweise

Allein, schon vor dem Amtsgericht drang der 49-Jährige im Frühjahr 2013 mit seinen Vorwürfen nicht durch. Das lag nicht einmal daran, dass er selbst schon mal gesessen hatte und im Jahre 2003 bei Scotland Yard auf der Liste der 19 „meistgesuchten Personen“ aufgelistet war.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Gauri Sastry war zudem überzeugt, dass der Zeuge vor Gericht gelogen hatte. Eine seiner vier konkreten Bedrohungsvorwürfe sei schlicht erfunden, hatte die Richterin damals gesagt.

Schnell Zweifel an der Glaubwürdigkeit

Staatsanwaltschaft und der 49-Jährige als Nebenkläger hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Doch auch in der zweiten Instanz kamen schnell Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Nebenklägers auf. Monatelang verhandelte das Gericht unter Vorsitz von Peter Wilfinger, musste vor allem über Anträge des 49-Jährigen entscheiden.

Dabei war der spätere Freispruch leicht vorherzusagen. Denn schon nach wenigen Wochen hatte Staatsanwalt Peter Gehring die Berufung seiner Behörde zurückgezogen. Lediglich die Nebenklage hatte noch eine Verurteilung der Brüder H. gefordert, drang damit aber bei Gericht nicht durch.