Gütersloh/Düsseldorf. In den Kindertagesstätten in NRW fehlen einer aktuellen Studie zufolge über 15.600 Erzieher. Gerade im Ruhrgebiet gibt es oft zu wenig Personal.

Für eine kindgerechte Betreuung in NRW-Kitas fehlen einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge rund 15.600 Vollzeit-Fachkräfte. Dabei hängt es stark vom Wohnort ab, wie gut versorgt die Kinder sind. Gerade in vielen Revierstädten liegt der Betreuungsschlüssel fern von Empfehlungen aus der Wissenschaft.

Laut der Studie der Bertelsmann-Stiftung kommen in NRW 8,7 Kindergartenkinder auf eine pädagogische Fachkraft. Berücksichtigt man, dass die Erzieher nicht nur mit der spielerischen Förderung beschäftigt sind, sondern auch alle Hände voll mit Bildungsdokumentation oder Elterngesprächen zu tun haben, kommt ein Erzieher in NRW sogar auf 13,1 Kinder.

Bertelsmann-Stiftung empfiehlt: Ein Erzieher für 7,5 Kinder

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In Duisburg kümmert sich ein Erzieher um 10,1, in Bochum um 9,4 und in Oberhausen um 9,3 Kindergartenkinder. In Städten wie Köln und Leverkusen dagegen sind es 7,8 Kinder. Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt, dass eine Fachkraft in Kindergärten mit Gruppen ab drei Jahren die Betreuung von maximal 7,5 Kindern verantworten sollte.

Aus dem Bochumer Rathaus heißt es, man könne auch mit dem vorhandenen Personal „gute Arbeit leisten“. Qualität könne nicht nur anhand der Personenanzahl festgemacht werden.

Stamp: Studie zeigt „Idealziel“ auf

Das NRW-Familienministerium will die Kita-Betreuung durch die Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) verbessern. „Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen einmal mehr, dass wir mit unserer KiBiz-Reform an den richtigen Stellen ansetzen“, teilte Familienminister Joachim Stamp (FDP) auf Anfrage unserer Redaktion mit. „Die Empfehlungen der Stiftung beschreiben jedoch ein Idealziel, das sich in der Realität nicht kurz- oder mittelfristig umsetzen lässt - aber sie sind ein Ansporn.“

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Für die 15.600 Stellen, welche laut Bertelsmann-Stiftung für eine angemessene Betreuung nötig sind, müssten pro Jahr 913 Millionen Euro investiert werden. Vom Bund soll im Kita-Jahr 2021/22 aus dem „Gute-Kita-Gesetz“ etwas weniger als die Hälfte kommen. Und die restlichen 483 Millionen?

Leichte Verbesserung beim Personalschlüssel

Das KiBiz sieht vor, dass Land und Kommunen jährlich 750 Millionen Euro in die Kitas investieren. „Die deutliche Verbesserung der Finanzausstattung der Kitas wird dazu beitragen, auch die Personalschlüssel weiter zu verbessern“, so das Ministerium. Heißt: Man will die Dringlichkeit der Personalnot in den Kitas erkannt haben, aber landesweit nicht das gewährleisten können, was die Bertelsmann-Stiftung „kindgerechte“ Kita-Qualität nennt.

Die Bertelsmann-Studie hebt allerdings auch hervor, dass sich die Kita-Qualität in den letzten zehn Jahren durchaus verbessert hat. Die Zahl der pädagogischen Fachkräfte ist von 2008 bis 2018 von rund 77.100 auf 114.220 gestiegen. Aber: Im selben Zeitraum ist auch die Zahl der Jungen und Mädchen in den Kindertagesstätten von 551.506 auf 595.383 gestiegen. Im bundesweiten Vergleich liegt NRW heute unter den westdeutschen Ländern etwa im Mittelfeld. Demnach herrscht deutschlandweit ein Fachkräftemangel in Kitas, 106.000 Erzieher fehlen bundesweit.

Kinder mit Migrationshintergrund seltener in der Kita

In den Kindergartengruppen – Jungen und Mädchen von drei bis sechs Jahren – gibt es laut der Analyse im Vergleich zu 2013 eine Verbesserung. Damals kümmerte sich eine Erzieherin um 9,6 Kinder, heute sind es 0,9 weniger. In den Krippen – Knirpse bis zwei Jahre – gab es allerdings eine minimale Verschlechterung auf 3,7 ganztagsbetreute Kinder pro Erzieherin (zuvor 1 zu 3,6).

Weiterhin nehmen laut Bertelsmann-Stiftung Kinder mit Migrationshintergrund seltener ein Betreuungsangebot wahr als andere Kinder. 16 Prozent der Dreijährigen mit Migrationshintergrund nutzen ein Angebot, bei anderen Kindern sind es 35 Prozent. Das Familienministerium will diese Kluft auch mit einem weiteren beitragsfreien Kita-Jahr schließen. „Es wird Zugangsbarrieren ausbauen“, heißt es.