Düsseldorf. . Der Fachkräftemangel hat verheerende Folgen für den Kita-Alltag: Angebote und Öffnungszeiten werden vielfach reduziert.

Kita-Einrichtungen leiden besonders in Nordrhein-Westfalen massiv an den Folgen von Personalnot. Das geht aus einer Studie des Verbandes für Bildung und Erziehung (VBE) hervor, die am Mittwoch beim Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) in Düsseldorf vorgestellt wurde.

Mehr als 2600 Kita-Leitungen wurden bundesweit gefragt, welche Auswirkungen der Personalmangel auf ihre Arbeit hat. Die Ergebnisse sind alarmierend: So sagen rund 95 Prozent der befragten Kita-Leitungen in NRW, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten mit den Folgen von Unterbesetzung zu kämpfen hatten. Das Land liegt damit fünf Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.

Eine Fachkraft betreut in NRW mehr als fünf Kinder

Weil fast überall Erzieherinnen und Erzieher fehlten, könnten vielerorts Mindeststandards zur Betreuung von Kindern nicht erfüllt werden. Experten empfehlen laut VBE für die Betreuung von Kindern eine Relation von 1:3, das heißt eine Fachkraft sollte im Idealfall drei Kinder betreuen. Tatsächlich aber gibt eine große Mehrheit der Befragten an, diesen empfohlenen Personalschlüssel nicht erfüllen zu können.

In NRW liegt das Verhältnis Fachkraft-Kinder in 40 Prozent der Kitas zwischen 1:8 und 1:12, bezogen auf die Betreuung von Kindern über drei Jahren. Bei Kindern unter drei Jahren geben 42 Prozent der Kita-Leitungen ein Verhältnis zwischen 1:5 und 1:8 an. Bei der Betreuung von unter Dreijährigen liegt NRW damit sechs Prozentpunkte schlechter als der bundesweite Wert.

Weniger Ausflüge und kürzere Öffnungszeiten als Folge

Der Fachkräftemangel wirkt sich offenbar immer verheerender auf den direkten Alltag der Kitas aus: So sagen drei von vier Kita-Leitungen in NRW, dass sie Angebote wie zum Beispiel Ausflüge für Kinder vorübergehend reduzieren müssen. Zehn Prozent der Einrichtungen mussten sogar ihre Öffnungszeiten kürzen.

Stefan Behlau (li.), NRW Landesvorsitzender des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE),und Udo Beckmann, VBE-Bundesvorsitzender, stellen beim Deutschen Kitaleitungskongress eine Studie zum Fachkräftemangel vor.
Stefan Behlau (li.), NRW Landesvorsitzender des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE),und Udo Beckmann, VBE-Bundesvorsitzender, stellen beim Deutschen Kitaleitungskongress eine Studie zum Fachkräftemangel vor. © Roland Weihrauch

VBE-Landesvorsitzender Stefan Behlau wirft der Landespolitik vor, die dramatische Situation, in der sich die Kitas befänden, in ihren Entscheidungen nicht genügend zu berücksichtigen: „Die Umfrage-Ergebnisse zeigen deutlich, dass flexiblere Öffnungszeiten – wie von der Landesregierung geplant – nur mit einer deutlichen Aufstockung des Personals möglich sind.“

Was für Eltern zunächst praktisch klinge, lasse Kita-Leitungen graue Haare wachsen. „Wie sollen Öffnungszeiten stark ausgedehnt werden, wenn Fachkräfte fehlen?“, fragte Behlau.

Besetzung einer Stelle dauert bis zu sechs Monate

Auch bei der Nachbesetzung von offenen Stellen schneidet NRW schlechter ab als der Bundesdurchschnitt. In NRW dauert es laut den Ergebnissen im Schnitt drei bis sechs Monate, bis eine Stelle besetzt werden kann. In 18 Prozent der Fälle sind es sogar länger als sechs Monate. Bundesweit liegt der Wert nur bei zwölf Prozent.

Trotz Veränderungen der Trägerstrukturen in den vergangenen Jahren, sei es bei den Befragten nicht zu einer Entlastung gekommen. 69 Prozent der Erzieher geben an, dass die Verwaltungstätigkeiten im Gegenteil eher zugenommen haben. Auch hier liegt NRW etwa zehn Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. „Es ist nicht verwunderlich, dass 79 Prozent der Leitungen mit der Kita-Politik in NRW nicht zufrieden sind“, urteilt VBE-Landesvorsitzender Behlau.

Um die Bedingungen für Erzieher zu verbessern und das Berufsbild aufzuwerten, hatte unter anderem Bundesfamilienministerin Franziska Giffey den Ländern 300 Millionen Euro für Kita-Fachkräfte gegeben. Der VBE erwarte, dass auch die anstehende Kita-Reform in NRW dazu beitragen werde, das Berufsfeld aufzuwerten – auch finanziell, so Behlau.