Düsseldorf. Die längste Theke der Welt ist als Kampfzone in Verruf geraten. Das traditionsreiche Kneipenviertel am Rhein steht als Treffpunkt von Hooligans und Krawallmachern da. Die Randale zieht nun verbalen Zoff nach sich.

Die längste Theke der Welt ist als Kampfzone in Verruf geraten. «Es war die Hölle» - so oder ähnlich lauteten in den vergangenen Wochen in Düsseldorf Schlagzeilen über gewalttätige Vorfälle in der Altstadt. Das traditionsreiche Kneipenviertel am Rhein steht als Treffpunkt von Hooligans und Krawallmachern da.

Nachdem es bereits in den vergangenen Monaten immer wieder Berichte über Randale und Schlägereien von Gaststätten-Besuchern gegeben hatte, eskalierte die Lage Ende Mai. In der Altstadt kam es in der Nacht zum 24. Mai nach dem Zweitliga-Aufstieg des Fußballclubs Fortuna Düsseldorf zu heftigen Ausschreitungen. Die Polizei war mit mehreren Einsatztrupps gegen einzelne Personen eingeschritten, die Feuerwerkskörper gezündet hatten. Über 200 Polizisten sowie 80 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Die Polizei ging mit Schlagstöcken vor und setzte Pfefferspray ein. 47 Menschen wurden verletzt. Fans und Polizei machten sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich. Drei Bürger erstatteten Strafanzeige wegen Polizeibrutalität.

Randale zieht verbalen Zoff nach sich

Die Randale zog verbalen Zoff nach sich. Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) kritisierte via «Bild»-Zeitung, dass beim Altstadt-Einsatz viele weibliche Polizeibeamte dabei waren. «Ich habe nichts gegen Polizistinnen. Ich glaube nur, dass Männer, die eine bestimmte Körpergröße haben, abschreckender wirken», argumentierte Elbers.

Der Düsseldorfer Polizeipräsident Herbert Schenkelberg reagierte beleidigt: «Bei jeder Randale wird mittlerweile die Schuld der Polizei zugewiesen. Mal sind Einsätze zu streng, dann wieder zu lasch. Man hat das Gefühl, dass man es nie recht machen kann.»

«Früher war doch alles viel gewalttätiger», sagt ein Düsseldorfer Polizeibeamter, der seinen Namen nicht nennen möchte. «1988 haben uns englische Hooligans den Hauptbahnhof abgerissen und in der Altstadt gewütet», berichtet er. Am Rande der Fußball-EM hatte es damals Straßenschlachten zwischen deutschen und englischen Fußballrowdys gegeben. In den 80ern gab es beim damaligen Erstligisten Fortuna deutlich mehr «Problemfans» als heute.

Polizei spricht von „punktuellen Problemen“

Auch der Bochumer Sozialhistoriker Holger Heith sieht in einer aktuellen Studie eher einen Rückgang der Fußballgewalt im Rheinland und im Ruhrgebiet. «Gewalt und Fußball sind nicht nur untrennbar miteinander verbunden, Gewalt ist Teil der traditionsbildenden Erinnerungskultur des Fußballs», sagt der Forscher. Die Gewalt in und außerhalb der Stadien habe aber in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ihren Höhepunkt erlebt. Auch laut offizieller Statistik stagniert die Fußballgewalt seit Jahren.

Ist die Aufregung um die Gewalt in Düsseldorf also nur ein Medienhype? Die jüngsten Fußball-Krawalle in der Landeshauptstadt sollen jedenfalls ein Nachspiel im Innenausschuss des Landtags haben. «Die Chaoten kommen viel zu oft ungeschoren davon», findet der SPD-Abgeordnete Karsten Rudolph. Der Abgeordnete will wissen, warum die Einsatzhundertschaften der Polizei keine Zivilkräfte einsetzten.

Von einem allgemeinen Anstieg der Gewalt auf der Kneipenmeile will die Düsseldorfer Polizei nicht sprechen. Es gebe «punktuell» Probleme mit alkoholisierten und aggressiven Heranwachsenden, sagt Polizeisprecher Wolfgang Rodax. Dies habe aber nichts mit den Fußballkrawallen nach dem Fortuna-Aufstieg zu tun. Man stelle eine wachsende Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft fest. Aus Trinkgelagen heraus würden Ordnungshüter attackiert.

Streit um Alkoholverbot

In der Lokalpolitik tobt derweil ein bizarrer Streit um ein Alkoholverbot ausgerechnet in der Altstadt. Vor allem die Kneipiers wollen ein Flaschenverbot - Kioskbetreiber wehren sich dagegen. Der Genuss von Hochprozentigem auf den Straßen soll tabu werden. «Wenn um 24 Uhr die Terrassen geschlossen werden, sollte auch auf den öffentlichen Straßenbereichen nichts mehr konsumiert werden - das wird Krawalle verhindern und uns deutlich mehr Scherben ersparen», fordert Tobias Ludowigs, Sprecher der Altstadtwirte.

Bei ausländischen Gästen und den zahlreichen Tagestouristen aus ganz Deutschland haben sich die Vorfälle in der Altstadt offenbar noch nicht herumgesprochen. «Es ist immer noch genug los», sagt ein Sprecher der Stadt Düsseldorf. Auch von Umsatzrückgängen bei den zahlreichen Kneipiers sei ihm nichts bekannt. «Wenn es deutlich nach 24 Uhr zu Gewalt kommt, sind die friedlichen Gäste schon zuhause.» (ddp)