Bottrop / Hamm. . Porwoll brachte den Prozess gegen den Bottroper Apotheker ins Rollen. Vorm Landesarbeitsgericht einigte er sich jetzt mit seinem Ex-Arbeitgeber.

Schwer bewacht und mit Fußfesseln bringen Justizmitarbeiter Peter Stadtmann nach Hamm ins Landesarbeitsgericht. Dort geht es für den Bottroper Apotheker aber diesmal nicht um Strafrecht, sondern um die fristlose Kündigung seines ehemaligen kaufmännischen Leiters Martin Porwoll. Im Gerichtssaal wartet der bereits.

Porwoll hatte den Bottroper-Apotheker-Skandal ins Rollen gebracht. Zusammen mit einer Kollegin hatte er Anzeige erstattet und so erst einen Strafprozess um mutmaßlich gepanschte Krebsmedikamente am Landgericht Essen gegen Peter Stadtmann ermöglicht.

Der Apotheker soll Krebsmedikamente gestreckt und falsch deklariert haben

Dem Angeklagten wird Körperverletzung, Betrug und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vorgeworfen. Er soll Krebsmedikamente gestreckt und falsch deklariert haben. Der Strafprozess läuft seit Oktober 2017. Mitte Januar hatte der ehemalige kaufmännische Leiter der Apotheke als Zeuge in Essen gegen seinen ehemaligen Freund und Chef ausgesagt.

In Hamm ging es nun um die fristlose Kündigung, die Porwoll danach erhielt. Der 46-Jährige war 2017 mit dem Whistleblower-Preis (deutsch etwa: Hinweisgeber, Enthüller) ausgezeichnet worden, kämpft aber nach seiner Entlassung durch seinen ehemaligen Chef (47) um seine berufliche Existenz.

Vor dem Landgericht einigten sie sich Freitag auf einen Vergleich

Vor dem Landesarbeitsgericht Hamm einigten sich die Streitparteien am Freitag auf einen Vergleich. Die fristlose Kündigung ist vom Tisch. Dennoch wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich rückwirkend zum 31. Januar 2017 aufgehoben. Porwoll bekommt eine Abfindung und der Bottroper Apotheker muss in der Kündigung aufgestellte Behauptungen über seinen einstigen Mitarbeiter zurückziehen. Der Chef hatte seinem engen Mitarbeiter angebliche Verstöße gegen die Schweigepflicht, nicht bezahlte Medikamente und fingierte Rechnungen sowie einen illegalen Zugang in das IT-System der Apotheke vorgeworfen.

„Die Kündigung war ein reiner Racheakt“, sagte Porwoll in der mündlichen Verhandlung am Freitag. Er zeigte sich nach der fast vierstündigen Sitzung zufrieden mit dem Vergleich. „Ich wollte meine Rehabilitation“, sagte Porwoll. Die gezeigte Zivilcourage bereue er nicht: „Ich würde das immer wieder so tun.“

Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei nicht gerechtfertigt gewesen

Das Gericht hatte den Vergleich angeregt und darauf hingewiesen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Apotheke in Bottrop, die heute von der Mutter von Stadtmann geführt wird, wenig Sinn mache. Die Arbeitsrichter machten aber auch deutlich, dass sie mit dem Urteil aus der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen wenig anfangen konnten. Zwar habe der ehemalige kaufmännische Leiter an verschiedenen Stellen Fehler gemacht. Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung aber sei wohl nicht gerechtfertigt gewesen.

In der Sache stand Aussage gegen Aussage. Der Anwalt von Stadtmann bestritt vor dem Landesarbeitsgericht, dass es Absprachen um die Verrechnung von nicht bezahlten Medikamenten mit Überstunden gegeben habe. Dem Gericht aber fehlten überzeugende Beweise für die Vorwürfe, die zur fristlosen Kündigung geführt hatten. „Da kommt wenig von ihnen“, hatte die Richterin in Richtung Stadtmann gesagt. „Es musste aus der Welt geschafft werden, dass einem „Whistleblower“ fristlos gekündigt werden kann“, sagte Martin Porwoll zum Abschluss. (dpa)