Mönchengladbach. Sein Fall kostete einen Staatsanwalt den Posten und schlug auch politisch Wellen: der mutmaßliche Kinderschänder, der wegen einer Justizpanne frei kam. Im Prozess kam heute ein Gutachter zu Wort. Er hält den Mann für extrem rückfallgefährdet.

Der wegen einer Justizpanne freigelassene Kinderschänder von Viersen kann nach Einschätzung eines Gutachters jederzeit rückfällig werden. «Vergleichbare Delikte sind mit absolut hoher Wahrscheinlichkeit wieder zu erwarten», sagte der Psychiater am Dienstag vor dem Landgericht Mönchengladbach. Der 59-Jährige soll in insgesamt 19 Fällen vier Mädchen im Alter von fünf bis zwölf Jahren sexuell missbraucht und seine Taten zum Teil gefilmt haben.

Der Gutachter beschrieb die Persönlichkeit des Angeklagten als narzisstisch. Mitleid mit den Opfern sei in keinem der vielen Gespräche erkennbar geworden. Der 59-Jährige, der nach eigenen Angaben als Kind selbst Opfer sexueller Gewalt geworden war, hatte vor Gericht behauptet, die Initiative zu den Sexualkontakten sei häufig von den Kindern ausgegangen.

Die Erfolgsaussichten einer therapeutischen Behandlung stufte der Gutachter als ungünstig ein. Eine verminderte Schuldfähigkeit stellte er nicht fest.

Aus Untersuchungshaft entlassen

Der Mönchengladbacher Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil der Angeklagte trotz der schweren Vorwürfe wegen einer Reihe von Pannen bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf auf freien Fuß gesetzt worden war. Das OLG hatte den Mann Anfang Juli nach einer überlangen Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen.

Dem Gericht zufolge hatte die Staatsanwaltschaft ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit zu spät in Auftrag gegeben. Der Gutachter habe den Auftrag zudem zögerlich bearbeitet und sei von der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend überwacht worden, hieß es damals in der Entscheidung des OLG.

Die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter veranlasste daraufhin eine Reihe personeller und organisatorischer Konsequenzen in der Behörde, unter anderem musste der Leiter der Staatsanwalt Mönchengladbach gehen.

Das eigentlich für Dienstag vorgesehene Urteil in dem seit Anfang September laufenden Prozess wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Am Mittwoch soll zunächst eine Therapeutin des Angeklagten auf Antrag der Verteidigung als Zeugin aussagen. (ap)