Mönchengladbach. Er gab sich als Opfer kleiner Mädchen, wie man so sagt: als „unschuldiges Opfer” geradezu – verurteilt wurde er als Täter. Günter B., angeklagt, weil er vergangenen Sommer in Viersen mehrere Kinder sexuell missbraucht haben soll, muss für fünfeinhalb Jahre hinter Gitter.

Und zwar sofort: Vier Monate nach seiner Freilassung wegen einer Justizpanne schickte die Jugendschutzkammer des Landgerichts Mönchengladbach den 59-Jährigen wieder in Haft.

Allerdings nicht wegen aller 19 angeklagten Taten. „Aus Gründen äußerster Vorsicht”, erklärt Richter Lothar Beckers, habe man freigesprochen: in den Fällen, in denen B. vor den Kindern onaniert haben soll, in denen versuchten Geschlechtsverkehrs – sie waren nicht genau zu zählen, nicht exakt zu datieren und passten deshalb nicht zur Anklageschrift. Auch hatten die kleinsten Mädchen ihre Vorwürfe nicht wiederholt, eine Elfjährige soll „Trauma- und Albtraum-Erlebnisse” in ihrer Aussage womöglich vermengt haben. Fast hatte der Staatsanwalt es wohl geahnt: „Je mehr jemand gemacht hat, desto schwerer ist es hinterher noch nachzuweisen”, sagte er in seinem Plädoyer. Und dass dennoch alles, was nicht mehr zu konkretisieren sei, „sehr wohl passiert sein kann”.

Nackte Elfjährige

B. aber gab nur zu, was alle sehen konnten: Zwei Filme haben die Prozessbeteiligten anschauen müssen, vom Angeklagten selbst aufgenommen. Sie zeigten „in unüberbietbarer Deutlichkeit”, so Beckers, was der „nette Nachbar” mit mindestens zwei Mädchen machte, wenn sie ihn besuchten: „Ich will Sex mit dir haben”, sagt der Mann im Video zur nackten Elfjährigen, fasst sie an, küsst sie. „Abscheulich”, so die Staatsanwaltschaft. Was weiter geschah, in allen furchtbaren Einzelheiten hinlänglich erörtert, fasst Beckers zusammen in dem Satz: „Sie haben alles getan, was man tun kann” bei sexuellem Missbrauch. Noch mehr sei nur an Erektionsstörungen gescheitert.

Dabei gab es noch mehr: Da waren die Aussagen eines Kindes, das glaubhaft weitere Taten schilderte – intime Szenen im Bad und die Pornoschau voller gefesselter Kinder. Und da ist die Überzeugung des Gerichts, dem die Filme zeigten, „dass für die Kinder alles ein gewohntes Procedere war”. Dennoch strotzte B., so der Staatsanwalt, „vor Selbstmitleid und Schuldzuweisung”, hatte gar behauptet, kein Interesse an Kindern zu haben.

Das aber ist sichtlich widerlegt, auch durch den Gutachter, der ein „sehr, sehr hohes Rückfallrisiko” sah. Fünfeinhalb Jahre sind deshalb nicht alles: Die Kammer ordnete Sicherungsverwahrung an.