Essen. . Die Flüchtlinge Wissam Zabadneh und Inza Bamba fanden Arbeit bei Thyssen-Krupp. Bundespräsident Gauck lobt die Initiative „Wir zusammen“.

Wissam Zabadneh hat es geschafft. Über Algerien, Libyen, Italien und Frankreich ist der Syrer auf einem Boot nach Deutschland gekommen. „Ich wollte nicht in den Krieg ziehen“, sagt Zabadneh und hat sich durch seine Flucht dem Militärdienst entzogen. Seine Familie ist in Damaskus geblieben. Seit März arbeitet der 28-Jährige in der Kommunikationsabteilung von Thyssen-Krupp in Essen, und er hofft, dass aus dem Werkvertrag eine unbefristete Stelle werden wird.

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Wissam Zabadneh ist ein positives Beispiel von vielen, die sich Bundespräsident Joachim Gauck am Freitag bei einer Präsentation des Netzwerks „Wir zusammen“ in Essen anschaut. Thyssen-Krupp hat inzwischen mit mehr als 40 Flüchtlingen Ausbildungsverträge geschlossen – „über Bedarf“, wie Konzernchef Heinrich Hiesinger betont. Zu den Lehrlingen gehört auch Inza Bamba, dessen Mutter nach seiner Geburt starb, dessen Vater im Krieg an der Elfenbeinküste ums Leben kam und der seinen Bruder auf der Flucht nach Deutschland aus den Augen verlor. Bei Thyssen-Krupp Steel in Duisburg macht der 19-Jährige nun eine Ausbildung zum Elektroniker. „Hier kann ich wieder ohne Angst spazieren gehen“, meint Bamba. In seiner Heimat Eritrea ist das nicht mehr möglich.

Zwei Schicksale, die berühren

Bundespräsident Gauck betont, dass sich das Ruhrgebiet mit Zuwanderung besonders gut auskenne. In Duisburg arbeiten für Thyssen-Krupp Menschen aus 114 Nationen. Doch Vorstandschef Hiesinger verschweigt auch nicht, dass die zusätzlichen Stellen für Flüchtlinge für den Dax-Konzern ein Kraftakt seien. Nicht nur die Stahlkrise belastet das Unternehmen.

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„Ich bin manchmal sogar mitfühlend mit Ihnen“, spendet der Bundespräsident dem Thyssen-Krupp-Chef Trost. Hiesinger verteidigt sein Engagement. „Ohne die Praktiker bliebe Integration sehr theoretisch“, sagte er. Hiesinger und Gauck betonen übereinstimmend aber auch, dass die Flüchtlinge ihrerseits einen Beitrag zur Integration leisten müssten. „Fordern und Fördern ist ein menschenfreundlicher Gestus“, meint der Bundespräsident.

Der vermutlich letzte Besuch des Staatsoberhaupts mit der First Lady Daniela Schadt in Essen am Freitagnachmittag beginnt standesgemäß mit 20-minütiger Verspätung. Gaucks Wagenkolonne steckt irgendwo im Ruhrgebiet an einer Baustelle fest. „Da hilft auch kein Blaulicht“, heißt es aus seinem Tross. Die Visite im Thyssen-Krupp-Quartier findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Spürhunde der Polizei suchen das Gebäude nach Sprengstoff ab. Die 300 geladenen Gäste müssen sich strengen Einlasskontrollen unterziehen. Rund um die Konzernzentrale patrouillieren Polizeibeamte.

Strenges Protokoll

Nach den strengen Regeln des Protokolls begrüßt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) als erste den Bundespräsidenten, der aus seinem mit einer Standarte geschmückten Auto steigt. Ihr folgt Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), bevor Hausherr Hiesinger und Betriebsratschef Wilhelm Segerath an der Reihe sind. Die Mitarbeiter verfolgen das Spektakel von ihren Bürofenstern aus. Joachim Gauck dürfte nun auf keinem Smartphone der Belegschaft als Erinnerungsfoto fehlen.