Essen. Ausländerfeindliche Sprüche, Einschüchterung und Beschimpfungen. Nicht nur die Kölner litten unter der Demonstration von “Hooligans gegen Salafisten“. Schließlich reisten die meisten der etwa 4000 Hooligans mit dem Zug an. Diese bemühten sich nicht, ihr rechtsradikales Weltbild zu verbergen.
Barbera Dreyer (Name von der Redaktion geändert) ist eine erfahrene Bahnfahrerin. Die Studentin war schon mit vielen unangenehmen Mitreisenden im Abteil unterwegs. Laute Junggesellenabschiede gehören ebenso dazu, wie angetrunkene Fußballfans. "Am Wochenende gibt es öfter mal nervige Gruppen in der Bahn", sagt sie. Angst hatte Dreyer aber nie: "Die sind eigentlich immer nur laut, weil sie Spaß haben", sagt Dreyer. Das war am Sonntag anders. Denn da saß die Studentin mit Dutzenden Hooligans im Zugabteil - alle auf dem Weg zur Demo von "Hooligans gegen Salafisten" (Hogesa) in Köln.
"Schon als ich in Bochum eingestiegen bin, waren viele Rechtextreme im Zug", erinnert sie sich. Allein in Dreyers Abteil saßen fast 30 Rechtsextreme. Ein Mann trug eine Tätowierung, die das Eingangstor eines Konzentrationslagers zeigt, darüber der Schriftzug "Jedem das Seine". "Zuerst dachte ich, die wollen zu einem Fußballspiel", sagt Dreyer. Erst als sie über ihr Handy Kontakt mit Freunden aufnahm, erfuhr die Studentin von der Hogesa-Kundgebung in Köln.
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Hooligans führen sich auf, als ob ihnen der Zug gehört
"Als in Wattenscheid eine schwarze Frau eingestiegen ist, haben die Leute angefangen zu grölen", berichtet die Studentin. Wenig später lief ein italienischer Musiker mit seinem Saxofon durch den Zug. "Spiel das Deutschlandlied", forderten die Hooligans.
Die Rechtsextremen führten sich auf, als ob ihnen der Zug gehört. "Von Polizei oder Schaffnern war in meinem Abteil nichts zu sehen", erzählt Barbera Dreyer. Auch als die Rechtsextremen anfingen zu rauchen, mochte niemand etwas sagen. "Das kannte ich so nicht. Wenn sonst Fußballfans im Zug sind, sagt immer jemand: Könnt ihr mit dem Rauchen aufhören?"
Ausländerfeindliche Parolen im Bordbistro
Dreyers Erlebnisse sind kein Einzelfall. Auch andere Bahnfahrer berichteten von unangenehmen Begegnungen mit Hooligans. Ein Berliner Geschäftsmann der lieber anonym bleiben möchte, begegnete den Rechtsextremen am Sonntagabend in einem ICE auf dem Weg nach Berlin: "Als ich das eigentlich geschlossene Bordbistro betrat, saßen da acht oder neun Glatzköpfe auf dem Boden und tranken ihr Dosenbier", berichtet er uns. "Ich wurde mit ausländerfeindlichen Parolen begrüßt. 'Deutschland den Deutschen' war noch die harmloseste."
Auch bei Twitter berichteten Menschen von der bedrohlichen Situation in den Zügen. "Der Zug war voll mit besoffenen Nazis, die 'Zecken', 'Antifa' etc. gegrölt haben. Keine Polizei", schrieb einer. "Rechte Idioten pöbeln kleinen schwarzen Jungen im Zug an", beobachtete ein anderer Twittererer. "Erschreckend zu erleben, wie Deutschland nach rechts rückt, die Bevölkerung sich fürchtet und man 12 mal überlegt, ob man den Zug nimmt", schrieb ein Nutzer mit dem Namen Kevser Erol.
"Auf einmal habe ich meinen Namen gehört"
Auch Barbera Dreyer berichtete bei Twitter von den rechtsradikalen Parolen der Hooligans und den fremdenfeindlichem Motiven auf deren Kleidung. "Dann auf einmal habe ich meinen Namen gehört. Erst dachte ich: lustig, dass noch jemand im Abteil so heißt wie ich. Doch dann habe ich gemerkt, dass die wirklich von mir reden", sagt Dreyer. Die Männer hatten anscheinend ihre Tweets im Internet entdeckt und grölten den Namen der Studentin: "Mir wurde auf einmal ganz anders."
Schnell löschte sie ihr Porträtfoto aus dem Twitter-Profil, damit die Rechtsextremen sie nicht mehr erkennen konnten. Dreyer hatte Glück: "Niemand ist auf mich zugekommen, bevor ich aussteigen musste." Später bekam sie sogar noch Hass-Tweets von Anhängern der Rechtsextremen. "Es waren vor allem Beleidigungen. Bedroht hat mich niemand." Dreyers Rückfahrt war deutlich angenehmer - ohne Hooligans.