Essen. . Längere Schulwege nach dem Wegfall der Schulbezirksgrenzen, Nieselregen, Sorgen der Eltern vor Unfällen, Zeitdruck: Gründe dafür, Grundschulkinder mit dem Auto zur Schule zu bringen gibt es viele. Aber das Verkehrsaufkommen vor Schulbeginn ist zum Problem geworden.

Gründe, Grundschulkinder mit dem Auto zur Schule zu bringen und von dort auch wieder abzuholen, gibt es viele: Längere Schulwege nach dem Wegfall der Schulbezirksgrenzen etwa, Nieselregen, Sorgen der Eltern vor Unfällen, Bequemlichkeit oder Zeitdruck. Der Bring- und Holverkehr vor Grundschulen hat in den letzten Jahren zugenommen. Und er ist längst zum Problem geworden.

Die Situation

Das Auto hat als Transportmittel für Schüler in den letzten 20 Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher der Ruhruniversität Bochum, die im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) vor vier Jahren die „Selbstständige Mobilität von Kindern“ untersucht haben. Und auch das war ein Ergebnis ihrer Arbeit: Kinder werden heute öfter von Erwachsenen und nicht von anderen Kindern zur Schule begleitet. Dies hänge zum Teil „mit der Angst von Eltern und Kindern vor dem Straßenverkehr und mit der Angst vor fremden Personen zusammen“.

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Eine Befragung der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des ADAC ergab vor etwa einem Jahr: Zwei Drittel der 750 befragten NRW-Grundschulen sahen in dem Bring- und Holverkehr „ein deutliches Problem“. Eine Einschätzung, die DVR und Verkehrswacht teilen: „Immer mehr Lehrer aus Nordrhein-Westfalen wenden sich hilfesuchend an uns“, sagt Andreas Bergmeier, DVR-Referatsleiter Kinder und Jugendliche.

Hannelore Herlan, Sprecherin der Verkehrwacht, nennt den zunehmenden Bring- und Holverkehr ein „bundesweites Phänomen, das nicht einmal daran festzumachen ist, ob Schulen im ländlichen oder städtischen Raum liegen“.

Die kurzfristigen Folgen

„Es wird ja nicht nur ein Kind mit dem Auto zur Schule gebracht. Es sind zig Elterntaxis, die vorfahren, manchmal kommen sie erst in letzter Minute vor dem Schulbeginn angebraust“, sagt Hannelore Herlan. Vor vielen Schulen herrsche schlicht „das absolute Chaos“, sagt Andreas Bergmeier. Und weil Eltern ihre Kinder ohne Begleitung aussteigen ließen, bei der Suche nach einem Halteplatz vor- und zurücksetzten oder Kinder im Auto falsch gesichert seien, widerspreche das Kutschieren dem eigentlichen Sicherheitsbedürfnis vieler Eltern.

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Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik bestätigen das: Im Jahr 2012 kamen 10 363 Kinder unter 15 Jahren im Auto ihrer Eltern zu Schaden – deutlich mehr als Kinder, die zu Fuß unterwegs waren. Die Studie der Wuppertaler Wissenschaftler kommt zu dem Urteil: „Eltern gefährden durch regelwidriges Anhalten oder riskante Wendemanöver die Sicherheit anderer Schulkinder und Verkehrsteilnehmer teils massiv.“

Die langfristigen Folgen

Wer Kinder ohne triftige Gründe mit dem Auto zur Schule bringe und von dort wieder abhole „hält Kinder klein und erzieht sie zu Unselbstständigkeit“, sagt Hannelore Herlan. Verkehrserziehung beginne im Kindergarten, setze sich in der Schule fort und sollte vom Elternhaus unterstützt werden. Und dazu gehöre es, Kinder Verkehr üben zu lassen.

Die Forscher der Universität Bochum stellten fest: Die reduzierte Selbstständigkeit führe zu einer schlechteren physischen Konstitution und zu mangelnder Raumkenntnis. Das Phänomen Elterntaxi sorge dafür, dass viele Kinder bis zu 30 Prozent der täglichen Bewegung einbüßten.