An Rhein und Ruhr. . Die Zahl der Unwetter an Rhein und Ruhr ist stark gestiegen. Mülheim liegt auf Platz 4 der deutschen Städte mit den meisten Blitzeinschlägen pro Quadratkilometer. Auch Duisburg und Düsseldorf registrieren in diesem Jahr deutlich mehr Einschläge als 2013.

Sommerzeit – Gewitterzeit: Beim Unwetter am Montagabend haben sich gewaltige Energien entladen. Wassermassen und Blitzeinschläge haben in der Region Münster für verheerende Schäden gesorgt. Aber auch am Niederrhein und in anderen Landesteilen schlugen Blitze ein. In Hamminkeln etwa verursachte ein Blitzeinschlag in einem Wohnhaus einen Brand mit 15 000 Euro Schaden, zwei Frauen wurden verletzt.

Größere Feuerwehreinsätze und erheblichen Sachschaden gab es auch nach zwei Blitzeinschlägen in Schwalmtal im Kreis Viersen. Und in Bad Berleburg (Siegen-Wittgenstein) brannte ein vom Blitz getroffener Dachstuhl völlig aus und verursachte einen Schaden von 120 000 Euro.

Nach Beobachtung von Unwetter-Experten hat sich die Region an Rhein und Ruhr in diesem Jahr zu einem der Blitz-Bundesländer entwickelt. „Sonst registrieren wir eher in Süddeutschland die zahlreichsten Blitzereignisse“, sagt Fabian Ruhnau von der Unwetterzentrale NRW, „in diesem Sommer ist Nordrhein-Westfalen ganz sicher vorne mit dabei.“

Ein Überspannungsschutz sichertdie teure Elektronik im Haus

Alleine bei dem Gewitter-Unwetter vom Montagabend seien in der Stadt Münster 11 000 Blitze gezählt worden, im Münsterland waren es seinen Angaben zufolge 25 000. Das ist in etwa das Kaliber des großen Pfingstunwetters, das besonders über dem Ruhrgebiet getobt hatte. Zum Vergleich: Ein normales Sommergewitter wird durch 50 bis 100 Blitze erleuchtet. Die sehr schwüle Luft berge ungeheure Energie, erklärt Ruhnau, bei einzelnen Blitzschlägen seien schon bis zu 100 000 Ampere (hundert Mal so viel wie eine Hochspannungsleitung) gemessen worden.

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„Weil die Zahl der Gewitterlagen zunimmt, nimmt auch die der Einsatzfahrten nach Blitzeinschlägen zu“, berichtet Christoph Schöneborn vom Verband der Feuerwehr in NRW. Blitze schlagen in Gebäuden meist im Dach ein. Da dieses heutzutage oft auch als Wohnraum genutzt wird, „ist der Sachschaden, dann meist erheblich“, sagt Schöneborn. Der richtige technische Schutz hänge von vielen Fragen ab: „Wie alt ist das Gebäude, liegt es im Tal oder auf einem Berg, wie sieht die umliegende Bebauung aus?“ Schöneborn rät deshalb dazu, Fachleute zu konsultieren. Was vielen Leuten nicht bekannt ist: Die Elektroinstallation (und damit auch die im Gebäude vorhandene EDV) könne durch einen Überspannungsschutz gesichert werden. Auch da gelte: Fachleute fragen!

Wenn's blitzt - tief wegducken!

Was aber tun, wenn mich ein Gewitter in freier Wildbahn überrascht? „Auf jeden Fall Bäume meiden“, sagt Ruhnau. Sollte man einen Blitzschlag fürchten, solle man sich möglichst kleinmachen. Der Donnerhall nah einem Blitz nähere sich mit 300 Metern pro Sekunde. Wenn’s also blitzt und man bis fünf zählen muss, bis es knallt, ist das Gewitter 1,5 Kilometer weit weg. Auch wenn man lange zählen muss, bis der Knall zu hören ist, sollte man sich nicht sicher wähnen. „Wir haben schon erlebt, dass der Blitz völlig unvermittelt einschlägt“, sagt Ruhnau. „Die Faustregel lautet daher: Wenn’s grummelt, ins Haus oder ins Auto flüchten.“

150 Mess-Stationen in ganz Europa geben genauen Aufschluss

Wie oft es in der Bundesrepublik blitzt, wird beim Blitz-Informationsdienst von Siemens (BLIDS) genau festgehalten. Stephan Thern und seine Kollegen führen darüber akribisch Buch. Dafür nutzen sie die Daten von mehr als 150 Messstationen in ganz Europa. Erst kürzlich stellte das BLIDS-Team den Blitzatlas vor. Demnach rangiert Mülheim auf Rang vier der deutschen Städte mit den meisten registrierten Blitzeinschlägen. 5,14 Einschläge pro Quadratkilometer waren es laut BLIDS hier im Jahr 2013. Gezählt werden Erdblitze, also Blitze, die von der Gewitterwolke ausgehend zum Boden schießen. Nötig ist hierfür eine Spannung von einigen zehn Millionen Volt.

Absolute Blitzhochburg im Jahr 2013 war übrigens Coburg. In der oberfränkischen Stadt gingen 6,39 Blitze pro Quadratkilometer nieder. „Aus den Werten der verschiedenen Messempfänger ermitteln wir genau, wo gerade ein Blitz einschlägt. Um Mensch und Maschine vor Gewittern zu schützen, analysiert Siemens seit 1991 die registrierten Blitze und sendet umgehend Warnhinweise an unsere Gewitteralarm-Kunden“, sagt Thern.

Blitzrekorde allerorten

In 2014 schickt sich so mancher Kreis in NRW an, seine Blitzzahlen aus dem Vorjahr deutlich zu überbieten. Waren es in Düsseldorf 2013 noch 210 Erdblitze, sind es in 2014 schon jetzt 379. In Duisburg registrierten die Blitz-Forscher vergangenes Jahr 320 Spannungsentladungen zwischen Wolke und Erdboden. In diesem Jahr waren es bis zum 28. Juli schon 341, so dass auch hier die Marke aus dem Vorjahr deutlich übertroffen werden wird. Ganz ähnlich sieht es in weiten Teilen des Landes aus. NRW-Spitzenreiter in diesem Jahr ist übrigens Herne im Ruhrgebiet. 143 Blitze gingen bislang auf einer Fläche von nur 51 Quadratkilometern nieder.

Tröstlich: Die Unwettergefahr dürfte ab heute aber erst einmal gebannt sein. Einen „ganz anderen Wettercharakter“ sagt Reinhard Vögtlin vom Wetterdienst Meteo-group voraus: Sonne, Wolken, weniger schwül und Temperaturen über der 20-Grad-Marke.