Essen. Mal heiß, dann wieder nass: Der Sommer bleibt unbeständig. Auch am Dienstag ergossen sich heftige Starkregen an Rhein und Ruhr. Für den Raum Aachen galt die höchste Warnstufe. Ab Mittwoch ist die Unwettergefahr aber erst einmal gebannt.

Das war noch nicht alles: Nachdem am Vortag vor allem im Münsterland heftige Regenfälle für Überschwemmungen gesorgt hatten und zwei Todesopfer zu beklagen waren, sorgten heftige Gewitter auch am Dienstag für Ausnahmezustände in Teilen NRWs. Die Menschen mussten sich auf Gewitter, Starkregen und Windböen bis 100 Stundenkilometer einstellen.

Am meisten betroffen waren die Städteregion Aachen sowie die Kreise Düren und Heinsberg - für sie galt am Nachmittag die höchste Warnstufe Violett. Es wurden Niederschlagsmengen von bis zu 50 Liter pro Quadratmeter und Stunde registriert, außerdem Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h. Bei der Feuerwehr von Stadt und Kreis Aachen liefen Dienstagnachmittag in kurzer Zeit 160 Hilferufe vor allem wegen vollgelaufener Keller auf. Im Kreis Heinsberg traf es die Stadt Übach-Palenberg. Die Wehrleute rückten zu überfluteten Straßen, vollgelaufenen Kellern und umgestürzten Bäumen aus. Die Unwetter sollen noch bis in die Nacht andauern.

Die Voraussagen, welche Regionen weiter betroffen sein werden, sind allerdings schwierig. "Wir haben es hier nicht mit einer großen Wetterfront zu tun, sondern mit vielen kleinen Einheiten", erklärte Meteorologe Roland Vögtlin von der Meteogroup.

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Zur Warnkarte der Unwetterzentrale

Ab Mittwoch wird es wieder sonniger

Ab Mittwoch, so Vögtlin, sei die Unwettergefahr aber erst einmal gebannt. Dann kehrt die sonnige Seite des Sommers zurück - mit Temperaturen von 22 bis 25 Grad und nur noch sehr vereinzelten Schauern. Und, für diesen Sommer eher ungewöhnlich: die Wetterlage sei verhältnismäßig stabil. Bis einschließlich Freitag bleibe es warm und weitgehend trocken. Erst zum Wochenende sei wieder mit Gewittern zu rechnen.

Zwei Todesopfer zu beklagen

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Von Hubert Wolf und Annika Fischer

Die jüngsten Unwetter in Nordrhein-Westfalen haben zwei Menschen das Leben gekostet. Im Umland von Münster kam ein Autofahrer bei Starkregen von einer überfluteten Straße ab. Der Wagen sei vermutlich von einem über die Ufer getretenen Bach mitgerissen worden, sagte ein Polizeisprecher. Mitarbeiter der Autobahnmeisterei hätten das Fahrzeug mit dem Toten am Dienstag jenseits einer parallel zur A 1 verlaufenden Straße vor dem Kreuz Münster Nord entdeckt. Ein weiterer Mann war am Montagabend in Münster in seinem Keller ertrunken. Der 76-Jährige wurde von Wassermassen überrascht, als ein Kellerfenster barst. Ebenfalls in Münster wurde eine Frau in ihrem Wagen von einem umstürzenden Baum schwer verletzt.

Stellenweise fiel am Montagabend in wenigen Stunden so viel Regen auf einen Quadratmeter, wie in eine Badewanne passt. Insgesamt rückten Polizei und Feuerwehr zu rund 5000 Einsätzen aus. Am Dienstagnachmittag trafen weitere Gewitter mit starken Regenfällen den Westen des Landes. Am Mittwoch soll es ruhiger werden.

Die höchste tatsächlich gemessene Menge des Deutschen Wetterdienstes betrug 98 Liter an der Station Altenberge bei Münster. Nach Auswertung von Radarbildern waren es im Raum Münster stellenweise bis zu 150 Liter auf einen Quadratmeter. Die Stadt Münster selbst registrierte sogar die unglaubliche Menge von 206 Litern an einer eigenen Station an einer Kläranlage. "Im Durchschnitt fallen in NRW in allen drei Sommermonaten zusammen 240 Liter", sagte Meteorologin Ines Wiegand in Essen.

Experten rechnen mit einer Zunahme extremer Niederschläge

"Es wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich häufiger zu starken Niederschlägen kommen", prognostiziert Guido Halbig, Leiter des Regionalen Klimabüros des Deutschen Wetterdienstes in Essen. Darauf sollten sich die Städte rechtzeitig einstellen - größere Kanalrohre hat der Klimaexperte aber nicht im Sinn: "Die Kanalnetze können nicht so ausgebaut werden, dass sie bei Starkregen alles aufnehmen. Deswegen werden Zwischenspeicher immer wichtiger."

Damit meint er vor allem die Umleitung des Wassers, das dann nicht mehr in die Kanalisation, sondern auf Grünflächen, Spiel- oder Sportplätze und Straßen fließt. So könnten die Kanäle vor einer Überlastung geschützt werden.

Hauseigentümer sind gefordert

Auch Otto Schaaf, Vorstand der Stadtentwässerungsbetriebe Köln, sagt: "Die Kanalisation in Deutschland ist nicht dafür entworfen worden, bei ganz extremem Regen die Wassermassen zu fassen." Die Kanäle seien aber insgesamt ausreichend bemessen. Um die Probleme bei Starkregen in den Griff zu bekommen, hat die Stadt Köln Konzepte entwickelt. Bei Neubausiedlungen wird darauf geachtet, dass sich das Wasser auf tief gelegenen Flächen, zum Beispiel Grünflächen, sammeln kann, ohne Schaden anzurichten.

Doch nicht nur die Stadt müsse aktiv werden. "Vieles liegt beim Hauseigentümer. Denn in diesem Bereich kann die Stadt den Bürgern nur Hilfestellungen anbieten", betont Schaaf und weist darauf hin, dass viele Eigentümer noch immer kein Rückstauventil im Keller eingebaut hätten. Dieses Ventil verhindert, dass Wasser in den Keller eindringt, wenn die Kanäle voll sind.

An den Normen für Kanalrohre und Regenrinnen ändert sich vorläufig nichts, wie das Deutsche Institut für Normung in Berlin mitteilt. "Derzeit liegt uns kein Antrag auf Anpassung der Normen vor", erläuterte eine Sprecherin. Alle fünf Jahre werde geprüft, ob die Norm aktuell sei und dem Stand der Technik entspreche. (dor, mit dpa)