Köln. . Mehrere Zehntausend Menschen demonstrierten am Samstag in Köln gegen den Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in der Lanxess Arena. Protestler waren auch aus Frankreich, England und Österreich angereist. Der Protest verlief lautstark aber friedlich.
Die Domstadt sieht am Samstag Rot. Rot wie die Rosen, die Erdoğans Anhänger ihm
zu Füßen werfen und auf sein Auto. Rot wie das Blut, mit dem seine Gegner
symbolisch seinen Namen schrieben auf wütende Plakate. Und rot wie die Farbe der
Türkei, die den meisten, hüben wie drüben des Rheins, doch so am Herzen
liegt.
“Köln
bleibt frei vom Erdowahn”, das Motto der Gegendemonstrationen, bleibt ein
frommer Wunsch, aber war so wörtlich ja auch gar nicht gemeint: Erdoğan kommt,
das hat er seinen “drei Millionen Mitbürgern” in Deutschland noch am Freitag
versprochen, und die Alevitische Gemeinde hat 30.000 aufgerufen, dagegen zu
protestieren. 45.000 reisen an, vielleicht 50.000, sie sind viele, sie sind laut,
und sie kommen von überall her: aus Frankreich, England, Österreich, aus Bremen
und Berlin, aus Unna, Moers und Heilbronn.
"Uns trennt mehr als nur der Rhein"
Der türkische Ministerpräsident
dürfte sie nicht gesehen haben, sie haben es selbst so gewollt -- und
marschieren auf der anderen Rheinseite. Ein Symbol für die Distanz zwischen Fans
und Feinden dieses Mannes, allerdings, sagt eine Rednerin im Grüngürtel am
Nachmittag: “Uns trennt mehr als nur der Rhein.” Erdoğan,
schallt es aus den Megaphonen, “exportiert die türkischen Konflikte nach
Deutschland”. Sein Führungsstil sei antidemokratisch, autokratisch, “Erdoğan ist
der Feind aller Andersgläubigen”.
Sie
sind Kurden, Aleviten, Liberale, viele politische ganz Linke, heute trennt sie
allein die Frage, wer hinter wem herlaufen darf auf diesem Zug. Alte mit
Gehstock sind dabei, Frauen ausnahmslos ohne Kopftuch, Junge, die sich über
Erdoğans Versuch, ins weltweite Netz einzugreifen, lustig machen: “Erdoğan muss
zittern, denn wir twittern.” Man müsse, sagt der Student Can, 20, “auch den
Leuten hier klar machen, dass wir gegen ihn sind”. Dass sie “für Demokratie und
politischen Anstand” sind, wie es auf der Kundgebung heißt.Erdoğan
war nie mein Präsident, und er wird es nie sein.” Auf seinem Hemd steht unter
anderem das Wort “Yobaz”, ein Schimpfwort, sagt Ali, die Bedeutung fällt ihm
gerade nicht ein, “schlimmer als Idiot”, jedenfalls. Das Wörterbuch sagt: Der
“Yobaz” ist ein Fanatiker.