München. Im Münchner NSU-Prozess haben Frau und Tochter des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubasik ausgesagt. Sie können nicht mehr richtig schlafen, haben psychologische Probleme, leiden unter den Polizei-Ermittlungen. “Wir haben sehr oft zur Sprache gebracht, dass dahinter nur Rechtsradikale stecken könnten.

Ihr Vater, ihr Ehemann war am 4. April 2006 in Dortmund mit Kopfschüssen getötet worden. Gamze Kubasik (28) und ihre Mutter Elif (49) schilderten beim NSU-Prozess am Dienstag, wie es ihrer Familie nach der Bluttat ergangen ist.

Nur einen Tag nach dem Mord hätten Ermittler die Wohnung mit Rauschgifthunden durchsucht. Mutter und Tochter seien von der Polizei Fragen nach dem angeblichen Drogenhandel des Opfers, Mehmet Kubasik, gestellt worden.

Ich wurde öfter gefragt, "ob ich mitbekommen habe, dass mein Vater Drogen verkauft hat oder Verbindung zu Drogen hatte", schildert die Tochter ihre Erlebnisse. Es sei auch nach Verbindungen zur inzwischen verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK oder zur Mafia gefragt worden oder ob mein Vater Geld bei einer türkischen Bank angelegt hatte.

Hinter ihnen wurde nach dem Mord getuschelt

Gamze Kubasik erzählt auch, dass sie in den Wochen nach dem Mord immer häufiger bemerkt habe, dass hinter ihr getuschelt wurde. Dass der Vorwurf im Raum stand, dass der Tote mit Drogen gehandelt haben könnte. "Wenn die Polizei mit Hunden die Wohnung durchsucht, dann ist an dem Vorwurf bestimmt etwas dran", lautete ein Gerücht, schildert die 28-Jährige. Ihre Mutter verweist darauf, dass es während der damaligen Ermittlungen keinen Rechtsbeistand für die Familie gegeben habe.

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Sie können nicht mehr richtig schlafen, haben psychologisch Probleme, beschreiben beide Frauen die gesundheitlichen Folgen des Mordes. Bei ihr hätten Psychologen nicht helfen können, beschreibt die Tochter ihren Zustand.

Sie sei verheiratet, habe aber immer noch Angst. Diese sei wieder schlimmer geworden, seitdem Neonazis für den Mord verantwortlich sein sollen. Ihre Mutter schildert einen Vorfall aus dem Vorjahr, als sie auf dem Weg zur Kur in der Straßenbahn Neonazis gesehen habe. Sie wollte wieder umkehren, weil sie Angst hatte, ihre Kinder allein zu lassen.

Besonders viel Zeit für diese Zeugenaussagen

Richter Manfred Götzl hat für die Befragung der beiden Frauen den gesamten Vormittag eingeräumt. Weitere Zeugen müssen warten. Mutter und Tochter sollen ihre Situation schildern, die Folgen der Tat für sie aber auch den Umgang der Ermittler mit den Angehörigen der Opfer. Das Gericht räumt diesem Komplex immer wieder viel Zeit ein. Die Opfer sollen sich wirklich ernst genommen fühlen.

Beide Frauen machten ihre Aussagen im Beisein ihrer Nebenklageanwälte Sebastian Scharmer und Carsten Ilius. Auch sie stellten zahlreiche Fragen, um so den Zeuginnen die Gelegenheit zu geben, alles zu sagen, was diese als Wichtig empfinden.

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Gamze Kubasik schildert dann auch, dass ihre Mutter kurz nach der Tat die Ermittler darauf aufmerksam gemacht habe, dass nur Rechtsradikale als Täter in Frage kommen könnten. Elif Kubasik wird noch deutlicher: "Wir haben sehr oft zur Sprache gebracht, dass hinter den Morden an acht türkischen und einem griechischen Staatsangehörigen nur Rechtsradikale stecken könnten. Das wurde nicht beachtet." Die Polizei habe ihr dann geantwortet, dass es dafür keine Beweise gebe, ergänzt die Mutter.

Frage eines Neonazi-Anwaltes zurückgewiesen

Mutter und Tochter machten einen gefassten Eindruck. Für Unruhe im Gerichtssaal sorgte nur Olaf Klemke, der Verteidiger des Jenaer Neonazis Ralf Wohlleben. Er wollte unter anderem wissen, "welcher Nationalität" die Personen waren, die Gerüchte über die Familie erzählen würden.

Die Bundesanwaltschaft beanstandete die Frage und Richter Götzl wollte wissen, welche Relevanz sie habe. Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten begründete die Beanstandung damit, dass Gerüchte und Tuscheln für das Verfahren Relevanz haben könnten, nicht aber die Nationalität der Personen, die so etwas erzählen. Klemke beantragte einen förmlichen Beschuss und das Gericht wies seine Frage zurück.