Essen/Köln. Unglück oder Verbrechen? Nach dem tödlichen Feuer in einem auch von Ausländern bewohnten Kölner Mehrfamilienhaus ermittelt die Polizei in alle Richtungen. Aus der Türkei kommen Klagen, die Polizei schließe mögliche fremdenfeindliche Hintergründe zu schnell aus.

Die Polizei setzt nach dem Brand in einem Kölner Mehrfamilienhaus mit zwei Toten und 13 Verletzten ihre Ermittlungen fort. Einige der Verletzten hatten nach Polizeiangaben türkische Wurzeln, allerdings nicht die beiden Toten. Die 19-jährige Frau und der 30-jährige Mann waren am Samstagabend gestorben.

Nach dem Unglück kritisierte die türkische Regierung den Umgang der deutschen Behörden mit Bränden in von Türken bewohnten Häusern. In solchen Fällen seien die deutschen Behörden stets schnell mit der Beschwichtigung zur Hand, dass es sich nicht um einen rechtsextremistischen Anschlag gehandelt habe, sagte Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag nach türkischen Medienberichten. Er frage sich aber, warum immer nur in Wohnhäusern von Türken in der Bundesrepublik Brände ausbrächen. "Ob in Stuttgart oder Köln, bei jedem dieser Brände muss immer ein rechtsradikaler Neonazi-Hintergrund vermutet und genau untersucht werden, ob es sich um Brandstiftung handelt oder nicht", sagte Bozdag, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

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Die Polizei untersucht nach eigenen Angaben jedoch "in alle Richtungen". Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück. Oberstaatsanwalt Alf Willwacher sagte dem "Kölner Stadtanzeiger", man habe keine Erklärung verbreitet, die einen rechtsextremen Hintergrund ausschließe. "Wir ermitteln ergebnisoffen", betonte er.

Das Feuer war am Samstagabend in dem Haus im Kölner Stadtteil Höhenberg ausgebrochen. Die Feuerwehr holte die Bewohner über Drehleitern heraus, gleichzeitig suchten zwei Trupps unter Atemschutz den verqualmten Hausflur nach Opfern ab. Dort fand die Feuerwehr dann die zwei Leichen.
Insgesamt sollen über 30 Bewohner in dem Haus gelebt haben, darunter viele türkischstämmige Menschen.

Mazyek fehlt es an Signalen

„Deutsche Muslime haben nach den jüngsten Wohnungsbränden große Angst“, sagte der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, unserer Zeitung. „Sicherheitsbehörden sollten nicht vorschnell einen rechtsradikalen Hintergrund ausschließen, sondern durch akribische Spurensuche überzeugen. Das haben sie leider in der Vergangenheit, etwa bei der NSU-Ermittlung, nicht getan“, so Mazyek.

Und weiter: „ Aus der Politik und Gesellschaft kommt einfach zu wenig, dass man die Sorgen der Türken und Muslime wirklich ernst nimmt. Es fehlt an Signalen, die ihnen zeigen: Wir halten zusammen und sitzen alle im gleichen Boot.“

Auch die Kritik an der Platzvergabe beim NSU-Prozess, bei der türkische Medien nicht berücksichtigt wurden, hält an. Ankaras Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte in einem Telefonat mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle, es müsse im Gerichtssaal Plätze für türkische Staats- und Medienvertreter geben. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Münchner Justiz „Borniertheit“ vor.

Kritik an Vergabepraxis

Koordinationsrat-Chef Mazyek kritisierte ebenfalls die Vergabe: „Durch die derzeitige Vergabepraxis wird der Eindruck bei den Türken erweckt, als ob was zu verbergen gibt. Man stelle sich den umgekehrten Fall vor, dann wäre in Deutschland der Teufel los. Das schadet Deutschlands Ansehen, auch in der Welt und das haben wir gar nicht nötig. Unser Rechtsstaat lebt von der öffentlichen, freien und barrierefreien Berichterstattung aus den Gerichten. Das Gericht ist gefordert, nun zu handeln“.