Dortmund. . Bundesweit gibt es 4682 Gerichtsvollzieher. Sie haben 2011 mehr als 305 Millionen Euro eingezogen. Nach Attentaten wie jüngst in Karlsruhe wird der Ruf nach mehr Sicherheit laut. Die Ausbildung könne als Bachelor ablaufen, fordern Gewerkschaftler. Das sei so falsch, kontert das Justizministerium.

Die Gerichtsvollzieher in NRW fordern eine umfassende Reform ihres Ausbildungssystems. Den deutlich gestiegenen Risiken im Berufsalltag werde die bisherige Ausbildung nicht mehr gerecht. „Wir brauchen mehr Sicherheit bei unserer Tätigkeit“, sagt Frank Neuhaus, Vorsitzender des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes NRW. Dazu gehörten auch intensive psychologische Kenntnisse, um gefährliche Situationen mit aggressiven Bürgern entschärfen zu können. „Karlsruhe“, sagt Neuhaus, „kann überall sein. An jedem Tag.“

Eine tödliche Geiselnahme hatte dort im Juli für bundesweites Entsetzen gesorgt: Als seine Wohnung zwangsgeräumt werden sollte, hatte ein 53-Jähriger den Gerichtsvollzieher, einen Mann vom Schlüsseldienst, den Wohnungseigentümer, seine Freundin und sich selbst erschossen. „Viele Kollegen riefen mich danach an und forderten, dass wir künftig Waffen tragen dürfen“, sagt Neuhaus. Doch darin sieht er keine Lösung. Im Gegenteil: „Eine Bewaffnung wäre kontraproduktiv und würde das Aggressionspotenzial vermutlich noch verschärfen.“ Er setzt auf Deeskalation und fordert, umfangreiche psychologische Schulungen verpflichtend mit in die Ausbildung aufzunehmen.

Beim NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) will der Landesverband nun Druck machen. Eine der Forderungen: Die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher – bislang eine 20-monatige Zusatzausbildung für Beamte im mittleren Justizdienst – solle künftig Fachhochschulstudiengang werden.

NRW-Justizministerium wehrt sich

Das Justizministerium wies die Kritik am Mittwoch zurück: „Klagen über Ausbildungsmängel sind in der Vergangenheit von niemandem erhoben worden“, hieß es. Psychologische Aspekte seien inzwischen Bestandteil der Ausbildung und der Sinn eines Bachelorstudienganges fraglich. Denn Gerichtsvollzieher werde man heute etwa mit 32 Jahren, Absolventen mit Bachelorabschluss seien etwa 22. „Ob man in diesem jungen Lebensalter tatsächlich die nötige persönliche Reife für die anspruchsvollen und fordernden Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes mit sich bringt, ist zumindest zweifelhaft.“

Die Sicherheit der Gerichtsvollzieher, so betonte Kutschaty, sei auch ihm „ein besonderes Anliegen“. „Wir prüfen daher derzeit, ob unsere vorhandenen Maßnahmen ausreichen und ermitteln Verbesserungsmöglichkeiten.“ Kurzfristig will er nun eine Arbeitsgruppe einrichten, in die er „vor allen Dingen die Gerichtsvollzieher zur Mitwirkung einladen“ wird.