An Rhein und Ruhr. . Das Landeskriminalamt warnt vor Trickdieben in Fußgängerzonen: In den letzten Wochen seien häufig Fälle beobachtet worden, in denen die Diebe die Hilfsbereitschaft von Passanten ausnutzen. Getarnt mit Flyern oder Klemmbrettern gehen die Täter auf die Jagd nach Brieftaschen.
Sie sind in Fußgängerzonen unterwegs und sammeln angeblich Spenden für taubstumme oder leu-kämiekranke Kinder. Tatsächlich handelt es sich aber um geschickte Trickdiebe, die Spendenwilligen dann im geeigneten Augenblick Portemonnaie oder Handy entwenden oder auch beides. „In den letzten Wochen beobachten wir eine Häufung solcher Fälle“, sagte Frank Scheulen, Sprecher des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes, gegenüber der NRZ. Allein in den vergangenen zwei Wochen gab es Fälle u. a. in Kleve und Emmerich, in Willich, Mönchengladbach, Düsseldorf, Bochum und Krefeld. „Wir gehen davon aus, dass die Täter bandenmäßig strukturiert sind“, sagte Scheulen. Die Tatverdächtigen kommen meist aus Osteuropa.
Mal ist es ein Zettel, auf dem in krakeliger Schrift steht, dass taubstumme Kinder Hilfe brauchen. Mal ist es ein Klemmbrett mit erbarmungswürdigen Bildern todkranker Mädchen und Jungen. Zettel oder Klemmbrett werden dem Spendenwilligen unter die Nase gehalten, dann greifen der Täter und ein unauffällig hinzugetretener Mittäter ins Portemonnaie oder in Jacken- oder Hosentasche des Opfers. Sie rauben Geld, Brieftasche oder Handy. „Das Mitleid der Spendenwilligen wird hier schamlos ausgenutzt“, warnt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt (LKA) gegenüber der NRZ.
Die beiden jungen Rumäninnen (18 und 29 Jahre), die vergangene Woche auf der Kaßstraße in Emmerich unterwegs waren, hatten einen DIN A4-Zettel dabei. Zwei Kripobeamte hatten sie im Visier; auch ein Zeuge sah, wie die Frauen einer Rentnerin ins Portemonnaie greifen wollten – Festnahme. Wegen dieses versuchten Trickdiebstahls und eines zuvor vollendeten in Kleve wurden die Frauen, die mit der gleichen Masche tags drauf von einem Amtsrichter zu 500 beziehungsweise 600 Euro Geldstrafe verurteilt.
Tendenz der Trickdiebstähle steigend
Damit nicht genug: Es meldeten sich im Kreis Kleve noch drei weitere mutmaßliche Opfer der Frauen, die mit der gleichen Masche schon mehrfach auffällig geworden waren; zuletzt am 29. Februar in Bochum. Auch im Kreis Kleve hatten sich Trickdiebstähle nach diesem Muster zuletzt gehäuft. Die Polizei rechnet nicht damit, dass sich dies nach der Festnahme der Frauen erledigt hat: „Wir gehen davon aus, dass wir es mit weiteren Tätern zu tun haben“, sagt Manfred Jakobi von der Kreispolizei. Erst am Wochenende war – allerdings mit einem etwas anderen Trick – einer Frau eine Goldkette gestohlen worden. Die Häufung gilt nicht nur für den Kreis Kleve. Auch landesweit lässt sich diese Beobachtung machen. Seit März 2011 hat das Landeskriminalamt NRW-weit rund 400 Trickdiebstähle nach diesem Muster gezählt, mit steigender Tendenz in den letzten Wochen. Die Täter konzentrieren sich dabei nicht nur auf die belebten Fußgängerzonen von Großstädten. „Sie sind auch in kleineren Städten auf dem Land aktiv“, berichtet LKA-Mann Scheulen.
Die Masche verändert sich mitunter. So habe man es auch erlebt, dass Täter mit ihren Klemmbrettern in Gaststätten unterwegs waren: „Da hatte man es dann auf Handys abgesehen, die auf dem Tisch abgelegt waren“, sagt Scheulen. In einem anderen Fall seien zunächst Rosen verteilt worden, erst dann hätten die Täter Spenden gefordert. Noch eine Facette: In einigen Fällen habe es nach erfolgter Spende sehr herzliche Umarmungen gegeben – bei denen die Opfer dann bestohlen wurden.
Warum sich die Fälle nun häufen? Ermittler wissen es nicht. Ein Grund könnte sein, dass Taschendiebstähle in der kalten Jahreszeit leichter gelingen, weil Menschen dann dicker angezogen sind und Berührungen nicht so rasch merken. Ein anderer möglicher Grund: Vielleicht hat sich schlicht der Erfolg der Masche in einschlägigen Kreisen herumgesprochen.
Hintermänner wartenauf Einnahmen
Auffällig jedenfalls: Die Polizei hat es fast immer mit jungen, osteuropäischen Tatverdächtigen zu tun, meist Rumänen. „Einige sind so jung, dass sie wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen, weil sie noch nicht strafmündig sind“, sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt. Die Ermittler gehen davon aus, dass es zumindest in einigen Fällen auch Hinterleute gibt, bei denen die Diebe ihre Einnahmen abliefern müssen.