Berlin. Viele Kleinkinder landen derzeit wegen Grippe im Krankenhaus. Ein Arzt erklärt, ab welchem Alter er gegen Influenza impfen würde.
- Grippe kann auch bei Kindern zu schweren Verläufen führen
- Ungewöhnlich viele Kleinkinder sind derzeit wegen Grippe im Krankenhaus
- Ständige Impfkommission und Kinderärzte sind unterschiedlicher Meinung über Impfempfehlung
Die Grippewelle hat Deutschland fest im Griff. Wie das Robert-Koch-Institut in seinem aktuellen Wochenbericht schreibt, sind derzeit rund 7,9 Millionen Menschen von einer akuten Atemwegsinfektion betroffen. Dabei dominiert die Grippe deutlich das Infektionsgeschehen. Laut RKI werden Influenza A- und B-Viren am häufigsten in den Proben nachgewiesen.
Vor allem Kinder leiden enorm unter Grippeerkrankungen. So ist die Zahl der schwer verlaufenden Krankheitsfälle bei Kindern seit Jahresbeginn deutlich gestiegen: Anfang Februar kamen rund fünfmal so viele Kinder mit einer Grippe in große Kinderkliniken wie noch Anfang Januar. Das geht aus Daten der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hervor. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) hatte in der vergangenen Woche von außergewöhnlich vielen mit Grippe infizierten Kleinkindern sowie Schulkindern gesprochen, die deswegen ins Krankenhaus mussten.
Auch spannend: Nathalie ist süchtig nach Nasenspray: Arzt verrät, was hilft
Vielen Eltern stellt sich dieser Tage die Frage, wie sie ihre Kinder am besten vor den Grippeviren schützen. Sollte man die Kleinen schon impfen lassen? Wir haben bei einem Experten nachgefragt.
Arzt warnt: Es sind auch schon Kinder an Influenza gestorben
„Wir sehen jedes Jahr viele Kinder- und Jugendliche, die schwer an Influenza erkranken. Immer wieder, aber zum Glück selten, gibt es deswegen auch Todesfälle“, sagt der Berliner Kinderarzt Jakob Maske, der zugleich auch Sprecher des Berufsverbands der Berliner Kinder- und Jugendärzte (BVJK) ist. Schon Kleinkinder können dem Mediziner zufolge schwer an Influenza erkranken und mehrere Tage am Stück hohes Fieber haben. Aktuell seien Kindern in den ersten fünf bis acht Lebensjahren am schwersten betroffen.
- Beliebtes Medikament: Pharmakologe erklärt, warum er nie „Wick Medinait“ nehmen würde
- Naturheilmittel: Erkältung oder Grippe? Spezial-Honig könnte die Lösung sein
- Schon wieder krank? Bei Erkältung? Apotheker gibt neun Tipps für eine schnelle Heilung
- Betroffenenbericht: Permanente Erkältung – „Wusste lange den Grund nicht“
- Tipps vom Experten: Corona und Erkältung – Immunologe warnt vor diesen Mitteln
Eine Grippe-Infektion ist genauso ansteckend wie eine Erkältung, kann aber schwere bis lebensbedrohliche Krankheitsverläufe nach sich ziehen. Eine Impfung kann dagegen schützen. Doch die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Grippe-Impfung nur für über 60-Jährige und Beschäftigte im Gesundheitswesen, Kitas und Schulen. Auch Kinder und Erwachsene mit Vorerkrankungen zählen zu den genannten Personenkreisen.
Der Verband der Kinder- und Jugendärzte plädiert dagegen seit Jahren für eine Ausweitung der Impfempfehlung auf alle Kinder und Jugendliche. „Wir empfehlen die Impfung für alle Kinder ab dem 6. Lebensmonat“, sagt Jakob Maske. Jede Impfung würde nämlich das Risiko einer schweren Erkrankung senken. Zudem können Geimpfte so Risikopatienten indirekt geschützt, denn eine Virus-Zirkulation in der Bevölkerung wird gebremst.
Doch bei der Influenza erreiche Deutschland nicht einmal die Zielgruppen, für die die Impfung am dringendsten empfohlen werde, moniert der Experte. „Wir sehen ein großes Manko etwa bei Kindern mit Asthma oder mit schweren Herzerkrankungen. Hier können wir Eltern nur immer wieder dringend dazu auffordern, schon im Herbst ihre Kinder für die Grippeimpfung vorzustellen“, sagt Jakob Maske.
Diese Grippe-Symptome sind bei Kindern typisch
Für eine Grippe typisch sind:
- ein plötzlicher Erkrankungsbeginn
- Fieber
- Muskel- oder Kopfschmerzen
- Reizhusten (im späteren Verlauf)
Schwere Verläufe äußern sich bei Kindern vor allem durch:
- eine Lungenentzündung
- schwere Bronchitis
- Fieberkrämpfe
Grippewelle: Lohnt sich jetzt noch eine Impfung?
Eine Impfung kann die Symptome lindern, doch lohnt sich eine Grippe-Impfung noch im Februar? „Natürlich ist es am besten, wenn man sich bereits im Herbst gegen Grippe impft. Da die Infektionszahlen aber weiterhin steigen, kann es durchaus sinnvoll sein, sich und auch sein Kind jetzt noch zu impfen“, erläutert der Kinderarzt.
- Psychologie: Mit Kindern Glück trainieren – Experte rät Eltern zu diesen Übungen
- Schulkinder: Schlechtere Noten – wie sich Eltern gegen unfaire Lehrer wehren
- Pädagogik: Genderneutrale Erziehung: Paar berichtet, wie das funktioniert
- Missbrauch: Sexuelle Übergriffe unter Kindern – das raten Experten Eltern
- Ernährung: Kinder vegan ernähren: Eltern wehren sich gegen Vorwürfe
Viele Krankenkassen übernehmen mittlerweile die Kosten für die Grippe-Impfung, auch bei Kindern, für die es bisher keine Stiko-Empfehlung gibt. Wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf ihrer Website schreibt, werden Kinder bis etwa neun Jahren mit einem sogenannten Totimpfstoff zweimal im Abstand von vier Wochen geimpft.
Auch spannend: Bluthochdruck bei Kindern selten erkannt: Das sind die Symptome
Um die Spritze zu vermeiden, können Kinder alternativ auch mit einem Spray geimpft werden. Dabei handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der durch die Nase verabreicht wird. Er ist geeignet für Kinder und Jugendliche zwischen zwei und 17 Jahren. Dieser sollte bevorzugt bei Störungen der Blutgerinnung oder Angst vor Spritzen eingesetzt werden.
Grippe: Diese Impf-Nebenwirkungen können bei Kindern auftreten
Die saisonale Grippeimpfung ist in der Regel gut verträglich. Wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt, wurde die Impfstoffsicherheit auch für Schwangere und deren ungeborene Kinder bestätigt. In verschiedenen Studien wurde keine erhöhte Zahl von schweren Reaktionen auf Grund einer Impfung festgestellt. Gelegentlich kann es zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
- Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle
- Fieber
- Frösteln oder Schwitzen
- Müdigkeit, Kopf-, Muskelschmerzen
Solche Impfreaktionen klingen in der Regel nach wenigen Tagen wieder ab. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine allergische Sofortreaktion treten nur in sehr seltenen Fällen auf.