An Rhein und Ruhr. . Zu süß und zu fettig - viele Lebensmittel, die auf Kinder besonders attraktiv wirken, sind nicht gerade gesund. Ernährungsberaterin Nicole Schläger von der Verbraucherzentrale NRW begleitete Familie Rünker beim Einkauf.
Gesund einkaufen, wenn überall die bunten Verpackungen locken - das ist mit Kindern gar nicht so einfach. Das weiß Birgit Rünker aus eigener Erfahrung: Einmal in der Woche geht sie mit ihren beiden Töchtern Hannah (4) und Lena (2) in den Supermarkt. Diesmal hat Ernährungswissenschaftlerin Nicole Schlaeger von der Verbraucherzentrale NRW die Essener Familie begleitet.
In der Obst- und Gemüseabteilung läuft noch alles tadellos: Birgit Rünker legt zielstrebig eine Hand voll Möhren, ein Bündel Lauch und einige Tomaten in den Einkaufswagen - möglichst regionale und saisonale Ware, soweit dies denn im Winter möglich ist. Dann geht sie zum Obstregal und zeigt auf ein paar Mandarinen: „Wollt ihr die essen?“, fragt sie ihre Kinder. Die Ernährungsexpertin kommentiert das mit einem lobenden Nicken: „Kinder sollen unbedingt in die Einkäufe einbezogen werden. Und Eltern müssen natürlich Vorbild sein.“
Lieber Vollkornbrotstatt Aufbackbrötchen
Am Brotregal zeigt Mutter Birgit auf eine Tüte Mehrkornbrot und fragt Hannah, die gerade eine Tüte Aufbackbrötchen aus dem Regal ziehen will: „Sollen wir das nehmen?“ Beides enthält fast nur Weizenmehl, erklärt die Ernährungsexpertin. Empfehlen würde sie eher Vollkornbrot, „das hat deutlich mehr Ballaststoffe, damit fühlt man sich länger satt.“
Vor dem Kühlregal wird es erstmals schwierig. „Ihr dürft euch was aussuchen“, fordert Birgit Rünker ihre Töchter auf – und es dauert keine Minute, bis sich die Kinder jeweils für eine bunte Flasche „Fructiv“ entschieden haben. Das Fruchtsaft-Getränk enthält sechs Gramm Zucker pro 100 Milliliter - das ist zu viel, findet die Ernährungsexpertin. Zum Vergleich: In Cola sind sogar elf Gramm Zucker in 100 Millilitern enthalten. Das ideale Getränk für Kinder ist ihrer Meinung nach Fruchtsaftschorle mit einem Drittel Saft und zwei Dritteln Wasser.
Smarties Joghurt „schießt den Vogel ab“
Auch beim vermeintlich gesunden Joghurt muss man aufpassen. Hannah und Lena greifen nach „Fruchtzwerge“-Quark und „Monsterbacke“. Auch hier eine wohl unbewusste Entscheidung für den Zucker: Während Naturjoghurt nur rund sechs Gramm Zucker pro 100 Gramm enthält, sind es bei den Fruchtzwergen schon 13 Gramm, „und der Smarties-Joghurt schießt den Vogel ab mit 22 Gramm Kohlenhydraten, von denen das meiste Zucker sein wird“, entrüstet sich Nicole Schlaeger.
Kritik übt die Expertin vor allem an zahlreichen Lebensmitteln, die mit ihrer Form und Verpackung besonders Kinder ansprechen. „Spezielle Nudeln mit Tomatensoße für Kinder halte ich für total überflüssig. Wahrscheinlich kann man die selber zum halben Preis kochen.“ Auch am Wurstregal hat die Bärchen-Verpackung eine anziehende Wirkung: Auch wenn ihrer Mutter wichtiger wäre, dass die Tiere gut gehalten wurden, ist das strahlend lächelnde Bärchen fröhlich genug, dass Hannah sie in den Einkaufswagen legt
Auffällige Verpackungen wirken
Auch bei Fischstäbchen, und kindergerechten Mini-Burgern ist die Expertin eher skeptisch. Vieles ist für sie einfach geschicktes Marketing, dass aber offensichtlich gut funktioniert. Viele Kinder lassen sich durch eine auffällige Verpackung, bekannte Werbefiguren und scheinbar gesunde Zusätze täuschen, weiß Nicole Schlaeger. „Ich habe selber schon Wiki und die Biene Maja entdeckt. Das ist ein gutes Lockmittel. Dazu kommen oft Spiel-Zusätze oder Sammel-Aktionen.“ Sie zeigt auf das Regal mit den bunten Joghurt-Drinks und stellt fest: „Die Waren sind natürlich alle auf Augenhöhe der Kinder.“
Schlaeger warnt vor zu viel Fett, zu viel Zucker, aber auch vor zu viel künstlichen Vitaminen. „100 Gramm einer Süßigkeit enthalten teilweise bereits mehr als 100 Prozent des gesamten Tagesbedarfs von Kindern. Das halte ich schon für schwierig.“ Nach ihrer Meinung, sollen sich Eltern zwar mit ihren Kindern über gesunde Ernährung unterhalten und vor Risiken warnen, aber es mit dem Gesundheitsanspruch nicht über übertreiben.
Eine Hand voll Süßigkeiten
„Die Kinder wissen ganz genau was gut und was eher schädlich ist.“ Schläger empfiehlt, mit einer Ernährungspyramide zu arbeiten, um den Kindern so anschaulich zu zeigen, was ihr Körper täglich braucht. Auch Süßigkeiten dürfen sein „aber nicht mehr als eine Hand voll“, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin. „Das entspricht 10 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs.“
Vor dem Supermarkt zieht Nicole Schlaeger Bilanz: „Ich fand’s gut. Die Mutter hat mit den Kindern im Vorfeld eine Vereinbarung getroffen und alle haben sich daran gehalten.“ Die Expertin rät Eltern zu klaren Regeln beim Einkauf. „Wenn sich die Kinder eine Süßigkeit aussuchen dürfen, erspart das meistens lange Quengeleien und Diskussionen an der Kasse. Und alle sind zufrieden.“