Essen. Bröckelnder Putz, Schimmel in Seminarräumen, geplatzter Beton - die Hochschulen im Land stecken seit Jahren im Sanierungsstau. Besonders marode ist die Ruhr-Universität Bochum. Jetzt investiert das Land rund acht Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. Das Geld dürfte schnell aufgebraucht sein.

Dreimal brach die Telefonleitung zusammen. „Entschuldigen Sie”, sagte Patrick Honecker, Sprecher der Universität Köln, schließlich entnervt, „aber bei uns ist eine riesige Baustelle.” Bauarbeiten an NRW-Unis – das hatte bislang Seltenheitswert. Bröckelnder Putz, Schimmel in Seminarräumen, geplatzter Beton oder undichte Dächer gehören für Studenten zum gewohnten Bild ihrer Hochschule. Im April des vergangenen Jahres musste die Uni Köln zwölf Hörsäle aus Sicherheitsgründen schließen, weil die acht Kilogramm schweren Lampen von der Decke fielen.

Weil die Instandhaltung Jahrzehnte lang vernachlässigt wurde, geht es nun an manchen Hochschulen um Kernsanierung. Acht Milliarden Euro wird das Land daher bis 2020 investieren. Auf Baumaßnahmen in Höhe von zunächst zwei Milliarden Euro hat sich die Landesregierung mit den Hochschulen jetzt geeinigt. Diese Konzepte werden am Donnerstag in Bochum offiziell unterzeichnet.

Ruhr-Universität Bochum besonders marode

Wegen Sanierung zur Zeit geschlossen! Foto: Stephan Eickershoff
Wegen Sanierung zur Zeit geschlossen! Foto: Stephan Eickershoff © WAZ

Das Geld dürfte schnell verbaut sein. Die Uni Düsseldorf kalkulierte einen Bedarf von rund 700 Millionen. Die gleiche Summe sei auch in Bielefeld nötig, meldet die dortige Uni an, doch aus dem Zwei-Milliarden-Topf erwartet die Hochschule nur 130 Millionen. Münster benötige 500 Millionen, die Uni erhalte aber zunächst nur 109 Millionen. Bonn beklagt sogar einen Sanierungsstau von 850 Millionen Euro und erhält jetzt 11 Millionen – in Worten: elf. Köln meldet einen Sanierungsbedarf von rund 300 Millionen Euro, 2010 fließen indes 30 Millionen. „Wir haben einen Bedarf von 520 Millionen Euro angemeldet”, sagt Beate Kostka, Sprecherin der Uni Duisburg-Essen. Die Bauten seien dringend sanierungsbedürftig, zudem benötige die Uni Platz für die Studienanfänger der doppelten Abiturjahrgänge ab 2013. „Doch wir bekommen nur 77 Millionen. Das ist natürlich grausam.”

Besonders marode ist die Ruhr-Universität Bochum, die in den 60er-Jahren errichtet wurde. Die Betonplatten, die bei jedem Schritt charakteristisch klackern, sind fast schon ein Markenzeichen der Hochschule. 1,3 Milliarden Euro wird es vermutlich kosten, bis der Campus im Jahr 2020 komplett saniert ist. Ein neues Gebäude muss gebaut werden, in das Professoren und Studierende umziehen, während die alten Bauten saniert werden. Dafür fließen zunächst knapp 300 Millionen Euro. „Das ist ein erster und wichtiger Schritt, der uns weiterbringt”, sagt Kanzler Gerhard Möller.

"Es wurden nie Rücklagen gebildet"

„Mehr geht nicht”, heißt es aus dem Hochschulministeriums. Das meint zweierlei: Man könne an einer maroden Uni nicht alles zugleich erledigen, ohne die Betrieb zu blockieren. Und auch der Landeshaushalt gebe nicht mehr her.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) schätzt, dass 15 Prozent aller Hochschulgebäude „hochmarode” sind. HRK-Präsidentin Margret Wintermantel spricht von 25 Milliarden Euro Sanierungsstau bundesweit. Die Ursachen dafür liegen in der Vergangenheit. „Statt der notwendigen 1,5 Prozent des Gebäudewertes wurden den Hochschulen über Jahrzehnte nur 0,2 Prozent für Instandsetzungen bereitgestellt”, rechnet Wintermantel vor.

„Nie wurden Rücklagen gebildet. Stets kam das Geld für Bau und Erhalt von Uni-Gebäuden aus dem laufenden Haushalt”, sagt Christian Berthold von Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Berthold und der neue Generalsekretär des Wissenschaftsrates, Thomas May, loben das Engagement der NRW-Regierung ausdrücklich. Natürlich würde das Geld nicht reichen. Doch es gebe nicht viele Bundesländer, die sich ähnlich intensiv wie NRW um die maroden Unis und Fachhochschulen kümmerten. Länder wie Hessen, Bayern und Baden-Württemberg seien allerdings einen Schritt weiter. Berthold: „Hessen hat das geradezu visionäre Programm Heureka aufgelegt und investiert drei Milliarden Euro bis 2020. Bayern schafft 38 000 zusätzliche Studienplätze, NRW bringt es mit dem Neu- und Ausbau der Fachhochschulen auf 10 000.