Essen. Halden, Radwege, Regionalplanung: Der größte deutsche Ballungsraum steht trotz Corona nicht still. Fragen an den Reginalverband Ruhr.

Es ist stiller geworden im größten deutschen Ballungsraum. Die Corona-Krise macht das Ruhrgebiet in Teilen zum „Ruh-Gebiet“. Was geht, was nicht im Revier? Fragen an den Regionalverband Ruhr (RVR).

Revierparks und Freizeitzentren: Wie ist die Lage vor Ort? Was ist möglich? Was nicht?

Derzeit sind alle Freizeitgesellschaften mit RVR-Beteiligung geschlossen. Der Besuch der Parkanlagen ist möglich, schwimmen und saunieren in den Bädern aber nicht.

Halden und Forstgebiete im Ruhrgebiet sind beliebte Freizeitareale. Sind sie zugänglich und wenn ja wie?

Die 38 Halden und 15.600 Hektar Waldgebiete des RVR sind frei zugänglich. Spaziergänger oder Radfahrer müssen aber den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand beachten und dürfen sich nur zu zweit oder als Eltern mit Kindern in den Natur- und Erholungsräumen bewegen. „In der Corona-Krise trägt die vom RVR geplante, gebaute, und unterhaltende Infrastruktur maßgeblich zur Lebensqualität und Gesundheit der Menschen in der Metropole Ruhr bei“, betont RVR-Umweltdezernentin Nina Frense. Ein Problem ist die Waldbrandgefahr. Wegen der schon seit Wochen andauernden Trockenheit ist sie auch in den RVR-Wäldern schon jetzt hoch.

Was ist los auf dem Radwegenetz des Ruhrgebiets?

In Zeiten von Corona fahren die Menschen offenbar mehr Rad. Das 1200 Kilometer große regionale Radwegenetz der Metropole Ruhr werde intensiv genutzt, so der RVR. Auf den breiten Wegen des Radschnellwegs Ruhr (RS 1) ließen sich die Sicherheitsabstände beim Joggen und Fahrradfahren beispielsweise sehr gut einhalten. An den sonnigen Tagen der letzten Wochen konnten an der Zählstelle in Mülheim über 6500 Fußgänger und Radfahrer täglich gezählt werden.

Wie sieht es mit der Industriekultur aus?

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Die 26 Ankerpunkte der Route Industriekultur sind größtenteils geschlossen. Das betrifft vor allem die Museumsstandorte. Wie es dort weitergeht, hängt von den Bund-Länder-Entscheidungen Ende April ab. Zugänglich sind aber die weitläufigen Parkanlagen etwa im Landschaftspark Duisburg-Nord und im Nordsternpark in Gelsenkirchen sowie die historischen Bergarbeitersiedlungen.

Hat Corona Einfluss auf die Planung für die Internationale Garten Ausstellung IGA, die 2027 im Ruhrgebiet stattfinden soll?

Die Wettbewerbe mit internationalen Planungs- und Architekturbüros für die vier Zukunftsgärten in Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen und Bergkamen/Lünen werden in diesem Jahr gestartet. Den Auftakt hat Dortmund mit dem Zukunftsgarten „Emscher nordwärts“ bereits im März gemacht. Erste Ergebnisse werden im Juli 2020 erwartet. Ab Herbst 2020 folgen dann die Wettbewerbe für die anderen drei Gärten.

Was wird aus dem RVR-Jubiläum, mit dem die Gründung des Verbandes vor 100 Jahren gefeiert werden sollte?

Der Festakt am 5. Mai im Essener Colosseum fällt Corona zum Opfer. Ein Ersatztermin im Jahr 2021 wird gesucht, möglichst wieder mit dem Bundespräsidenten als Festredner. Alle geplanten öffentlichen Jubiläumsveranstaltungen sind bis Ende August abgesagt, zum Beispiel die ExtraSchicht. Die Ausstellungen im Ruhr Museum auf Zollverein und im Peter-Behrens-Bau in Oberhausen sollen für Besucher eröffnet werden, sobald die Regelungen dies ermöglichen. Die umfangreiche Jubiläumspublikation wird wie geplant im Mai erscheinen.

Zeitgleich mit der Kommunalwahl am 13. September soll die erste Direktwahl des RVR-Parlaments stattfinden - ein historisches Ereignis. Nun gibt es erste Forderungen, die Wahl wegen Corona zu verschieben. Was bedeutet das für die RVR-Direktwahl?

Der RVR bereitet sich weiterhin auf den 13. September als Tag der ersten Direktwahl des Ruhrparlaments vor. Anzeichen für eine Verschiebung gebe es zurzeit nicht. „In der Diskussion über den Wahltermin muss auch berücksichtigt werden, dass die Wahlperiode bereits seit 2014 läuft,“ so RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel. Sie sei damit schon länger als üblich. Wie geplant soll im Frühsommer eine Informationskampagne zur die Direktwahl starten.

Die RVR-Regionalplanung stand lange unter Beschuss. Inzwischen gibt es pragmatische Lösungen. Läuft trotz Corona alles nach Plan?

Ja, sagt der RVR. Die Mitarbeiter seien weitgehend im Homeoffice. Sie können über den Online-Zugang der Landesregierung auf alle Daten des Regionalplans Ruhr zugreifen und damit ohne große Einschränkungen die mehr als 5000 Stellungnahmen inhaltlich bearbeiten und für die notwendig werdende zweite Beteiligungsrunde vorbereiten.
Beschlüsse zum Regionalplanänderungsverfahren und zu den regionalen Kooperationsstandorten für große Gewerbeansiedlungen sollen möglichst noch vor der Sommerpause gefasst werden.

Die Kommunen fürchten dramatische finanzielle Einschnitte wegen Corona. Was bedeutet das für den RVR?

Der RVR ist ein Umlageverband und nicht direkt von Steuereinnahmen abhängig. Aufgrund der Berechnungsmodalitäten können sich aber in ab 2021 auch finanzielle Auswirkungen für den RVR ergeben. Diese Auswirkungen lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht beziffern. Der RVR hat derzeit einen Doppelhaushalt für die Jahre 2020/2021 aufgestellt. „Mit Sorge blicken wir aber auf die Lasten, die unsere Mitgliedskommunen und –kreise derzeit zu schultern haben“, sagt RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel. Kommunale Rettungsschirme und andere Unterstützungspakte dürften daher der Anfang sein, um den Städten und Kreisen der Metropole Ruhr schnellstmöglich finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.​