Düsseldorf. Erste Festnahme nach Schüssen auf die Alte Synagoge in Essen. Neue Details zu weiteren geplanten oder ausgeführten Taten in Bochum und Dortmund.
Die Schüsse auf die Alte Synagoge in Essen am Abend des 17. November 2022 waren möglicherweise Teil einer Reihe von ausgeführten oder geplanten Anschlägen auf jüdische Einrichtungen im Ruhrgebiet. Neben Essen gibt es zwei weitere Tatorte: Bochum und Dortmund.
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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Freitag im Innenausschuss, dass an drei Orten ermittelt werde und dass in Dortmund in der Nacht zum 18. November ein Mann festgenommen wurde, der im Verdacht stehe, zu Straftaten gegen Synagogen angestiftet zu haben. „Einen mutmaßlichen Täter haben wir aus dem Verkehr gezogen. Ob da eine Gruppe dahinter steckt, wissen wir noch nicht“, sagte der Minister.„Womöglich gibt es zwischen den Taten in dieser Nacht einen Zusammenhang.“ Es gebe noch viele Puzzleteile, die die Ermittler zusammensetzen müssen.
35-Jähriger Deutsch-Iraner dringend tatverdächtig
Der Festgenommene ist nach Auskunft des Generalstaatsanwaltes in Düsseldorf ein 35-jähriger Deutsch-Iraner. Ob er etwas mit den Schüssen auf die Alte Synagoge in Essen zu tun hat, ist unklar, so der Generalstaatsanwalt. Der Mann sei aber „dringend verdächtig“, Mitte November versucht zu haben, einen anderen Zeugen, der ebenfalls einen iranischen und einen deutschen Pass hat, als Mittäter für einen Brandanschlag auf die Synagoge in Dortmund zu gewinnen. Der Zeuge lehnte dies ab und ging zur Polizei. Der Anschlag wurde nicht ausgeführt.
Der 35-Jährige, der in U-Haft sitzt, wird darüber hinaus verdächtigt, am Abend des 17. November einen Molotowcocktail auf die Hildegardis-Schule in Bochum geschleudert zu haben, die an die Bochumer Synagoge grenzt. Dabei seien ein Rußschaden an einem Fensterrahmen und ein Brandschaden an der Styropordämmung des Gebäudes entstanden, hieß es.
Behörden schließen staatliche Einflussnahme durch den Iran nicht aus
Inzwischen kursiert in Ermittlerkreisen ein Verdacht, der die Straftaten gegen Synagogen im Ruhrgebiet auf eine andere, politisch heikle Ebene heben könnte: Nach Informationen dieser Zeitung schließen die Sicherheitsbehörden derzeit eine staatliche Einflussnahme durch den Iran auf die antisemitisch motivierten Straftaten im Ruhrgebiet nicht aus.
Der Zeuge, der sich nicht für einen Anschlag auf die Dortmunder Synagoge verleiten ließ, soll den Ermittlern gesagt haben, dass sich der 35-jährige Anstifter mit guten Kontakten in den Iran gebrüstet und ihm eine sichere Flucht in dieses Land in Aussicht gestellt haben soll. Ob es sich um Prahlerei des Anstifters handelt, oder ob es diesen staatlichen Hintergrund gibt, ist im Moment Spekulation. Im nichtöffentlichen Teil des Innenausschusses soll aber nach Informationen dieser Redaktion auch über eine mögliche Beteiligung des iranischen Geheimdienstes geredet worden sein.
Angriffe auf jüdische Einrichtungen im Ruhrgebiet: Mehr als 100 Polizisten ermitteln
Tatsache ist, dass zur Aufklärung dieser antisemitisch motivierten Taten das „ganz große Besteck“ genutzt wird, wie Minister Reul sagte. Der Generalbundesanwalt lässt sich laufend über den Stand informieren. Die Zentralstelle Terrorismusverfolgung NRW bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ist in die Ermittlungen involviert, ebenso das Landeskriminalamt und mehr als 100 Polizeibeamte in Essen und Dortmund.
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Das Land NRW hat die Schutzmaßnahmen für Synagogen und andere jüdische Einrichtungen nach der Tat in Essen deutlich intensiviert. Aktuell werden bei insgesamt 68 jüdischen Einrichtungen Schutzmaßnahmen durchgeführt. An vielen Einrichtungen sei ohnehin schon ein sehr hohes Schutzniveau vorhanden, sagte Reul. Per Erlass wurden dennoch am vergangenen Wochenende weitergehende Schutzmaßnahmen an „besonders gefährdungsrelevanten jüdischen Objekten“ angeordnet. Die Maßnahmen reichten aktuell von engmaschigen Kontrollfahrtintervallen bis zur Rund-um-die-Uhr-Bewachung.
Minister Reul bekräftigte, dass die erfassten Fallzahlen antisemitischer Straftaten in NRW seit Jahren stagnierten. Seit 2017 liege die jährliche Zahl dieser Straftaten immer zwischen 280 und 350. Reul wies aber auch auf eine großes Dunkelfeld hin, das derzeit in einer wissenschaftlichen Studie untersucht werde. „Antisemitismus stellt weiterhin eine große Gefahr in unserem Land dar“, so Reul.
In der Nacht zum 18. November war in Essen mindestens dreimal auf das frühere Rabbinerhaus an der Alten Synagoge in der Innenstadt geschossen worden. Vier Einschusslöcher an einer Tür waren am Morgen entdeckt worden. Die Alte Synagoge gehört der Stadt und wird von der jüdischen Gemeinde nicht mehr für Gottesdienste genutzt. (dpa)
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