Düsseldorf. Das Land will zusätzlich 3800 Aufnahmeplätze für Geflüchtete schaffen. Aber die Rathäuser warnen: “Das reicht nicht.“
Viele Städte in NRW sind unzufrieden mit der Unterstützung des Landes für die Unterbringung und Integration von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.
„Die Städte und Gemeinden kümmern sich mit großem Engagement darum, die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Doch aktuell übersteigt die Zahl der Geflüchteten die Kapazitäten vieler Städte. Selbst Turnhallen, Leichtbauhallen oder ähnliche Unterkünfte werden bereits in Anspruch genommen“, sagte Thomas Eiskirch (SPD), Sprecher der Runde der Rat- und Kreishausspitzen des Ruhrgebietes (Kommunalrat) und Oberbürgermeister von Bochum, dieser Redaktion. Turnhallen werden zum Beispiel in Velbert und Schwerte zu Aufnahmeeinrichtungen umgebaut.
Nicht nur aus der Ukraine kommen Flüchtlinge in großer Zahl
Angesichts der instabilen Lage in der Ukraine und der Tatsache, dass sich immer mehr Schutzsuchende aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern über die „Balkanroute“ auch in Richtung Deutschland begeben, gehen die NRW-Kommunen davon aus, dass die Flüchtlingszahlen im Herbst und Winter noch deutlich zunehmen werden. „Deshalb müssen schnellstmöglich die Kapazitäten der landeseigenen Einrichtungen deutlich erhöht werden. Außerdem benötigen die Kommunen schnell Klarheit, in welchem Umfang zusätzliche kommunale Unterbringungskapazitäten zu schaffen sind“, sagte Eiskirch.
Ausbaupläne des Landes sind aus der Sicht eines Kommunalvertreters "lachhaft"
Das Land NRW hatte zunächst angekündigt, die Zahl der Plätze für Flüchtlinge in den Landesunterkünften von 3400 auf 4500 auszubauen. Inzwischen verfolgt die zuständige Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) Pläne, zusätzlich 3800 Plätze zu schaffen, wie mehr als 300 Vertreter der Kommunen am Montag in einer Videoschalte mit der Ministerin erfuhren. Damit geben sich viele Verantwortliche vor Ort aber nicht zufrieden, wie die Kommentare einzelner Teilnehmer zeigen, die dieser Redaktion vorliegen. Ein Verwaltungsmitarbeiter einer Gemeinde aus dem Kreis Minden-Lübbecke nennt die 3800 Plätze „lachhaft“. Der Sozialexperte einer Stadt am Niederrhein kommentierte: „Das ist ein schlechter Witz mit 3800 Plätzen. Hat das Land aus 2015 nichts gelernt?“. Der Satz zielt auf die Erfahrungen in der Flüchtlingskrise vor sieben Jahren.
Schul- und Kita-Plätze fehlen
Die Probleme sind vielschichtig. Die Kommunen haben nicht nur Schwierigkeiten, Zugewanderte unterzubringen. Vielfach gelingt es ihnen auch nicht, zügig Plätze in Schulen und Kitas zu organisieren. Zuletzt sorgte ein Schreiben des Landes für Irritationen, dass Geflüchtete zum Teil ohne vollständig abgeschlossene Gesundheitsuntersuchung in die Städte geschickt werden. Thomas Eiskirch erinnert zudem an die Bochumer Herausforderung, alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die nach NRW aufkommen, aufzunehmen. Sämtliche Kapazitäten und selbst zusätzlich genutzte Turnhallen seien erschöpft. Auch andere Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes müssten diese Minderjährigen aufnehmen.