Düsseldorf. NRW trauert um 46 Todesopfer. Merkel und Laschet kündigen schnelle Hilfe an. Die Lage übersteige “jede Vorstellungkraft“, so Laschet.

Tausende Helfer kämpften am Wochenende in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz weiter gegen die Folgen der Hochwasserkatastrophe. In NRW stieg die Zahl der Todesopfer am Sonntag auf 46, im Landkreis Ahrweiler am Rande der Eifel starben sogar 110 Menschen, Dutzende Bewohner der betroffenen Regionen gelten als vermisst.

„Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Besuch im Kreis Ahrweiler.

Laschet: "Immunsystem der Heimat stärken"

„Was ich in den letzten Tagen gesehen und gehört habe, übersteigt jede Vorstellungskraft“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Sonntagabend in einer TV-Ansprache an die Bürger. NRW unternehme alles, um die direkten Auswirkungen der Katastrophe in den Griff zu bekommen. Dennoch werde der Wiederaufbau womöglich Jahre dauern. Mit den Vertretern der betroffenen Gemeinden werde er bald über Finanzhilfen reden.

Laschet forderte die Stärkung des „Immunsystems unserer Heimat“, um sie besser gegen Wetterextreme zu schützen. Dämme müssten gebaut, Rückhaltebecken geschaffen, Flächen renaturiert werden. Zudem sei ein konsequenterer Kampf gegen den Klimawandel nötig.

Merkel: Lage ist "gespenstisch und surreal"

Eine „gespenstische und surreale Situation“ hatte Angela Merkel in der weitgehend von Fluten zerstörten Gemeinde Schuld vorgefunden. Die Kanzlerin stellte allen Opfern und Hochwasserregionen unbürokratische Hilfe von Bund und Ländern in Aussicht. Die Betroffenen könnten mit „gesamtdeutscher Solidarität“ rechnen. Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dürfte die Bewältigung der Katastrophe wohl weit mehr als 300 Millionen Euro kosten. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) besuchte Helfer der Bundeswehr in Erftstadt bei Köln.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (re., SPD) besuchten am Sonntag die besonders vom Unwetter getroffene Gemeinde Schuld.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (re., SPD) besuchten am Sonntag die besonders vom Unwetter getroffene Gemeinde Schuld. © Getty Images | Pool

Besonders herausfordernd war der Einsatz der Rettungskräfte am Wochenende in Erftstadt. Im Ortsteil Blessem war ein riesiger Krater entstanden, mehrere Häuser stürzten ein. Die Behörden warnten Anwohner vor der Rückkehr in diesen Ort. Es bestehe Lebensgefahr. Äußerst angespannt ist die Lage auch an der Steinbachtalsperre bei Euskirchen sowie in Wassenberg an der niederländischen Grenze nach einem Dammbruch der Rur.

In Teilen von NRW sind der Straßen- und der Bahnverkehr immer noch massiv beeinträchtigt. In den Städten des Ruhrgebiets halten die Aufräumarbeiten an. Die Stadt Essen sperrte ein Gewerbegebiet, nachdem dort ein Lastwagen in einem Erdloch versunken war. In Hattingen droht der Einsturz mehrerer Häuser in der Nähe der Ruhr.

Aufregung um lachenden Laschet

Zahlreiche Politiker und Bürger reagierten entrüstet auf TV-Bilder und Fotos von einem lachenden Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Während einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Samstag in Erftstadt war Laschet im Hintergrund herzhaft lachend im Kreis von Begleitern zu sehen. Der Ministerpräsident entschuldigte sich („Das war unpassend“). SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kritisierte den CDU-Politiker scharf: „Wie Armin Laschet rumalbert, während der Bundespräsident zu den Opfern spricht, ist ohne Anstand und empörend“, sagte er der „Bild am Sonntag“. (mit dpa)