Essen/Düsseldorf. Das Land investiert 75 Millionen Euro in neue Forschungszentren an drei Universitäten im Ruhrgebiet. Vorbild ist die University of California.
Mit einer massiven Investition in die Forschung an den Universitäten im Ruhrgebiet will die Landesregierung die Wissenschaft auf ein internationales Spitzenniveau heben. Mit einer Fördersumme von insgesamt 75 Millionen Euro sollen die Universitäten Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund vier gemeinsame Forschungszentren aufbauen, an denen an zentralen Zukunftsthemen geforscht wird.
Am Mittwoch gaben die drei Uni-Rektoren im Beisein von NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags den Startschuss für das bundesweit einzigartige Vorhaben, das unter dem Titel „Research Alliance Ruhr“ die Stärken der einzelnen Universitäten zusammenführen soll.
Hunderte neue Arbeitsplätze
Damit können die Hochschulen nun beginnen, die vier Forschungs-Zentren sowie ein geisteswissenschaftliches College aufzubauen und internationale Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler für ihre Forschungsprojekte zu gewinnen. Nach Auskunft der Hochschulen werden in den kommenden Jahren Hunderte neue und innovative Arbeitsplätze entstehen. Die ersten Berufungen und Besetzungen seien bereits geplant, so dass die Forschungsarbeit bereits im nächsten Jahr beginnen könne. Die finanzstarke Förderung der drei Revier-Unis ist ein Projekt der „Ruhrkonferenz“, mit der die Landesregierung den Wandel der „Metropole Ruhr“ unterstützen will.
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„Mit der Research Alliance Ruhr schaffen wir eine neue gemeinsame Forschungseinrichtung, um die Stärken der drei Universitäten zu bündeln und gezielt weiter auszubauen“, betont Ulrich Radke, Rektor der Uni Duisburg-Essen. Sein Bochumer Kollege Axel Schölmerich ergänzt: „Mit der neuen Struktur wird es zukünftig noch besser gelingen, Top-Leute aus aller Welt ins Ruhrgebiet zu holen und die internationale Strahlkraft zu erhöhen.“
Die gesamte Region werde dabei von innovativen Ideen aus der Forschung profitieren, glaubt der Dortmunder Rektor Manfred Bayer. „Wandel durch Wissenschaft hat hier Tradition und wird die Metropolregion auch in Zukunft voranbringen.“
Ein Projekt der Ruhr-Konferenz
Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen hatte zuvor betont, dass die Landesregierung durch die Forschungsallianz „die exzellente Wissenschaftsregion auf ein neues Niveau“ heben wolle. Ministerpräsident Armin Laschet hatte nach der Entscheidung des Landeskabinetts im März betont: „Vorbild kann hier die University of California sein, ohne deren geballte Energie es das Silicon Valley kaum gäbe. Forschung in der Region mit Resultaten von internationalem Rang - darum geht es.“
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Die Idee, im Ruhrgebiet standortübergreifende Forschungszentren von internationalem Rang aufzubauen, wurde bereits 2019 bei einem Ideenwettbewerb im Rahmen der Ruhr-Konferenz geboren. Im November 2020 hatte die Landesregierung ein jährlich aufwachsendes Budget von 75 Millionen Euro bereitgestellt. Im März schließlich gaben die Gutachter des Wissenschaftsrats grünes Licht für das Konzept der Unis.
Ein bundesweit einmaliger Zusammenschluss
Warum es drei Jahre von der Projektidee bis zur Unterzeichnung des Kooperationsvertrags gedauert hat, sei leicht zu erklären, sagt eine Hochschulsprecher. „Ein solches Projekt gibt es noch nicht in der deutschen Hochschullandschaft.“ Dass mehrere Hochschulen kooperieren, um gemeinsam internationale Spitzenforschung anzuschieben, sei ein „ganz neues Konstrukt“, für das viele personelle, inhaltliche und rechtliche Fragen geklärt werden mussten. Die Förderung übertreffe dabei noch die Summe, die eine Uni für den Sieg im bundesweiten Exzellenz-Wettbewerb („Elite-Uni“) zu erwarten hätte.
Was wird an den Zentren geforscht?
Die Forscher sollen „ganz praktische Anwendungen und Lösungen entwickeln, die aktuelle Probleme angehen und für die Zukunft der Region von Bedeutung sind“, so die Hochschulen. Im Zentrum stehen „drängende Zukunftsfragen“ wie die ganzheitliche Gesundheit von Mensch und Umwelt, Nachhaltigkeit und erneuerbare Energie sowie Datensicherheit und Vertrauen in die Digitalisierung. Das College, das am renommierten Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) in Essen angesiedelt werden soll, biete hingegen eine Plattform für den Austausch mit internationalen Experten in den Geistes- und Sozialwissenschaften.
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Konkret geht es zum Beispiel um die Entwicklung neuer Materialien für die Speicherung und den Transport von erneuerbarer Energie, die Nutzung von CO aus Industrieabgasen zur Produktion von Grundstoffen für die chemische Industrie.
Gesundheit, Umwelt, Energie, Digitalisierung
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>>>> Die Universitätsallianz Ruhr
Der neue Forschungsverbund („Research Alliance Ruhr“) baut auf die Universitäts-Allianz Ruhr (UA Ruhr) auf, in der sich die drei Ruhrgebiets-Universitäten im Jahr 2007 zusammengeschlossen haben.
Mit rund 120.000 Studierenden, 14.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insgesamt 570 Studiengängen und 16.000 Absolventen jährlich gehört die UA Ruhr heute zu den größten und Lehr- und Forschungsverbünden Deutschlands. Motto: „Gemeinsam besser“.