Düsseldorf. Die Liberalen kritisieren die “Notbremse“ des Bundes, sonnen sich in guten Umfragewerten und bestätigen ihren Vorsitzenden im Amt.
Die FDP in NRW hat ihren Landesparteichef Joachim Stamp mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Der 50-Jährige bekam bei einem digitalen Landesparteitag 291 von 322 abgegebenen Delegierten-Stimmen (90,4 Prozent) und wird den mit fast 18.000 Mitgliedern größten FDP-Landesverband in Deutschland weiter führen. Im Jahr 2018 hatte Stamp bei seiner Wiederwahl ein noch besseres Ergebnis mit 95 Prozent der Stimmen.
Stamp, der in NRW-Vize-Ministerpräsident und Familienminister ist, drückte in seiner Bewerbungsrede aus, wie unzufrieden er mit dem neuen Infektionsschutzgesetz (Bundes-Notbremse) ist. „Wir lehnen eine Placebo-Politik ab, die mit pauschalen Ausgangssperren Grundrechte beschränkt“, rief er und warf der Bundesregierung vor, die treibe mit den Ausgangssperren „gefährlichen Unsinn“.
Stamp: Inzidenz-Grenzwerte wurden "ausgeknobelt"
Der Bund sei in der Pandemie immer wieder mit „leeren Versprechen“, zum Beispiel zur Corona-Warn-App, zu Wirtschaftshilfe und Schnelltests, aufgefallen und habe dann noch mit dem Finger auf die Länder gezeigt. Die Inzidenz-Grenzwerte für die Bundesnotbremse – 100, 150, 165 – seien „willkürlich“ gesetzt. Man stelle sich vor die Ministerpräsidenten hätten solche Werte „ausgeknobelt“, spottete Stamp. Dann hätten wohl viele gleich nach dem Bund gerufen.
Der Bonner warnte vor aus seiner Sicht ernsten Gefahren für die Freiheitsrechte in dieser Phase der Pandemie und erinnerte an die mahnenden Worte früherer Parteigranden wie Guido Westerwelle („Die Freiheitsbedrohung kommt nicht mit Gewalt und laut, sondern leise“) und Karl-Hermann Flach („Die Freiheit stirbt zentimeterweise“).
Christof Rasche: "Wir haben einen Lauf"
Die Ausgangsposition der Liberalen vor der Bundestags- und Landtagswahl sei mit derzeit zweistelligen Umfragewerten glänzend, sagte Stamp. „Wir haben einen guten Lauf“, freute sich auch FDP-Landtagsfraktionschef Christof Rasche.
Im Gegensatz zu Union und zur SPD pflegten die Liberalen eine „andere Kultur des Umgangs miteinander“, findet Joachim Stamp. Die NRW-SPD habe ihren Ex-Vorsitzenden Sebastian Hartmann regelrecht „aus dem Amt gemobbt“. CDU und CSU hätten bei ihrer Suche nach einem Kanzlerkandidaten ein „unwürdiges Schauspiel“ geboten, bei dem die „kleine Schwester“ CSU aufgetreten sei, wie die „böse Stiefschwester“ in einem Grimm-Märchen.
Angela Freimuth und Alexander Graf Lambsdorff bleiben stellvertretende Vorsitzende der Landes-FDP. Ins Amt des Schatzmeisters wurde erneut Otto Ficke gewählt. Johannes Vogel ist weiter Generalsekretär der Liberalen in NRW.
Lindner erneuert Sympathiebekundung für Laschet
„Wir wollen unser Land entfesseln“, sagte FDP-Bundeschef Christian Lindner. Dass er dies nach der Bundestagswahl am liebsten zusammen mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet tun würde, ist kein Geheimnis: „Wir kennen und schätzen ihn als fairen Partner in der NRW-Landesregierung. Er sei geeignet, unterschiedliche Positionen zusammenzuführen und Vertrauen aufzubauen.
Neben Personalentscheidungen steht bei dem Treffen ein Leitantrag im Mittelpunkt, der auf das „Aufstiegsversprechen“ zielt. „Jede und jeder muss die faire Chance haben, ihre oder seine Wünsche und Träume zu leben – unabhängig davon, woher er kommt, woran sie glaubt, wen er liebt, was seine Eltern machen, wo sie wohnt oder wie ihre Träume sind“, so NRW-FDP-Generalsekretär Johannes Vogel.
FDP-Idee: sozialer Wohnungskauf für alle
Dazu gehören zum Beispiel mehr Kita-Personal, mehr Talentschulen in Quartieren mit sozialen Herausforderungen, mehr Schulsozialarbeit und digitale Bildung. Die Liberalen fordern aber auch Chancen für möglichst viele Bürger, Wohneigentum zu erwerben, so durch einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer und durch einen „sozialen Wohnungskauf“ (Mietkauf).