Düsseldorf/Essen. Die Schulen in NRW bleiben nach den Osterferien meist leer. Wie soll es weitergehen? Eltern fordern eine Perspektive - bis zu den Sommerferien.
In den Schulen gilt es einmal mehr, den Schalter wieder umzulegen: Die Osterferien sind zu Ende - doch die Schulen in Nordrhein-Westfalen werden am Montag trotzdem überwiegend leer bleiben. Für alle Schüler - außer den Abschlussklassen - ist zumindest für diese Woche wieder Homeschooling angesagt. Gewerkschaften begrüßen den Schritt, Kritik gibt es an der Kurzfristigkeit und der Teststrategie des Landes. Eltern fordern eine längerfristige Planungsperspektive.
Welche Schüler gehen am Montag in den Distanzunterricht?
Alle Schüler mit Ausnahme der Abschlussklassen der Sekundarstufen 1 und 2, inklusive der Qualifikationsphase 1 (Schüler, die sich für die Abiturprüfung qualifizieren). Der Distanzunterricht dauert vorerst eine Woche. Die Landesregierung will im Laufe der kommenden Woche entscheiden, ob diese Phase wegen des Infektionsgeschehens verlängert werden muss. Vorläufig plant NRW mit Wechselunterricht ab Montag, 19. April.
Warum hat NRW so entschieden?
Als Grund hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) das „diffuse Infektionsgeschehen“ genannt, das eine Anpassung des Schulbetriebs erfordere. Das das Infektionsgeschehen sei derzeit schwer zu bewerten. Sicherheit gehe vor. Die SPD-Opposition vermutet, die Entscheidung für Distanzunterricht könnte etwas damit zu tun haben, dass die Auslieferung der Schnelltests für Schulen nicht richtig funktioniert. An NRW-Schulen gilt ab Montag eine Testpflicht.
Das Schulministerium weist einen solchen Zusammenhang entschieden zurück und spricht von „irreführenden Spekulationen, die zur Verunsicherung bei den Eltern und in den Schulen führen sollen“. Die Landesregierung habe bereits vor den Osterferien an alle weiterführenden Schulen 1,5 Millionen Selbsttests für die in der kommenden Woche vorgesehenen Testungen versandt. Weitere 5,5 Millionen Tests sollen insbesondere die Grund- und Förderschulen bis zum Ende dieser Woche erreichen. „Sollten Einzelfälle von Schulen ihre Selbsttests heute nicht erhalten haben, wird ein individueller Zustelltermin vereinbart“, heißt es aus dem Ministerium. Bekanntgewordene Logistikprobleme seien abgestellt.
Was gilt für Abschlussklassen?
Abiturienten und Schüler, die vor der Abschlussprüfung der 10. Klassen stehen, können ab Montag in Präsenz unterrichtet werden. Gebauer sagte auch, dass die Abiturprüfungen planmäßig am 23. April beginnen sollen. Das begrüßte die Landeselternschaft der Gymnasien als „einzig wirklich positive Meldung“.
Bei den anstehenden Abiturprüfungen in NRW werden auch nicht auf Corona getestete Schülerinnen und Schüler teilnehmen können. Das geht aus der neuen Coronabetreuungsverordnung hervor, die ab Montag (12. April) gültig ist.
Eine Ausnahme von der allgemeinen Testpflicht gibt es für Abschlussprüfungen und Berufsabschlussprüfungen. Die Prüfungen ungetesteter Personen „werden räumlich getrennt von den Prüfungen getesteter Schülerinnen und Schüler durchgeführt“, heißt es in der Verordnung.
Wer muss sich testen lassen?
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Alle Schüler, Lehrer und anderes Schulpersonal zweimal in der Woche: „Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen.“ Das betrifft vorerst nur die Abschlussklassen, und für diese gebe es ausreichend Tests, so die Regierung. Schüler werden in der Schule getestet. Wer das verweigert, muss in den Distanzunterricht. Alternativ gilt ein aktueller Test, der von einer anerkannten Teststelle stammt. Die Testpflicht bezieht sich auf alle, die in die Schule kommen: Auch Kinder in der pädagogischen Notbetreuung - sie wird für die Klassen 1 bis 6 sichergestellt – müssen sich testen lassen.
Wie finden Lehrervertreter diese Entscheidung?
Die Lehrer-Gewerkschaften GEW, Lehrer NRW, VBE und der Philologenverband NRW halten den Kurs der Regierung für nachvollziehbar. Der Philologenverband hält die Beibehaltung des Präsenzunterrichts für die Abschlussklassen für richtig. „Es kommt jetzt darauf an, die Durchführung der Abschlussprüfungen, insbesondere des Abiturs, abzusichern. Hierzu müssen strenge Hygienemaßnahmen greifen“, so die Vorsitzende Sabine Mistler.
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Mehrere Schulleitungsverbände hatten allerdings eher damit gerechnet, dass NRW zum Schulstart gleich auf Wechselunterricht setzt, Lehrer hatten sich entsprechend vorbereitet. Dieses Modell hatte Gebauer vorbehaltlich dem Infektionsgeschehen zunächst für die ersten beiden Wochen nach den Ferien angekündigt. Baldur Bertling vom Vorstand des Grundschulverbandes in NRW sagte, dass dieses Hin und Her viele Lehrkräfte „fertig mache“. „Schulleitungen befürchten, dass ihnen Kollegen zusammenklappen, weil die Ankündigungen so unkalkulierbar geworden sind“, sagt Bertling.
Was ärgert Eltern?
Oftmals die Kurzfristigkeit: „Das ist jetzt die 35. Spontanaktion in zwölf Monaten“, sagt Dieter Cohnen, Vize der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW. „Viele haben sich an die sehr wechselhafte Schulentwicklung angepasst, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht.“ Es gebe eine Menge Eltern, für die jeder Tag Homeschooling eine Herausforderung sei.
Die Landeselternschaft der integrierten Schulen (Leis) hat zum Schulstart in NRW eine „klare Planungsperspektive“ gefordert. Die für die meisten Jahrgänge zunächst eingeführte eine Woche Distanzunterricht führte zu der Frage, wie es danach weitergehe. „Eine klare Ansage, dass man aus Vorsichtsgründen bis zu den Sommerferien planen könnte, erspart viele ständige Kurs- und Planwechsel. Dies ist für die Unterrichtsgestaltung der Lehrer und die Lebensgestaltung der Eltern sinnvoller als ein ständiges Wechseln in den Modellen“, schreibt der Elternverband in einer Mitteilung.
Zwar sei aufgrund der Entwicklung der Infektionszahlen in NRW weniger Präsenzunterrichts „dringend geboten“. Trotzdem schaffe die „kurzfristige und kurzlebige Einführung des Distanzunterrichts“ mehr Probleme als sie löse. Die vorgesehenen Ausnahmen seien fehlerhaft gesetzt, so Leis NRW. „Wir müssen uns im Präsenzunterricht auf die Schüler fokussieren, die zu Hause ein schwieriges Lernumfeld haben“, schreibt Verbands-Vorsitzender Ralf Radke. Und dort, wo Distanzunterricht nicht gut funktioniere, müsse er jetzt verbessert werden. Radke: „Viele Lehrer stemmen in dieser Zeit ein enormes Arbeitspensum. Aber wir hören auch, dass es bis zuletzt Schüler gab, deren Distanzunterricht aus einer wöchentlichen Mail mit Aufgaben bestand. Hier muss man fragen: Was machen diese Lehrkräfte in ihrer Dienstzeit und wo sind deren Vorgesetzte?“
Der Verband Leis versteht sich als Stimme u.a. der Eltern von Gemeinschafts-, Sekundar- und Gesamtschülern.
Gibt es eine Prognose zum Ende des Distanzunterrichts?
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat einen Zeitpunkt für die Rückkehr der Mehrheit der Schüler in ihre Klassenräume vorerst offen gelassen. „Wenn wir die Glaskugel hätten, dann wäre es einfacher für alle Beteiligten“, sagte sie am Montagmorgen dem WDR auf die Frage, wie die Situation in der kommenden Woche aussehen werde. Das Infektionsgeschehen habe sich in den vergangenen Tagen nochmals dramatisch verändert. „Das müssen wir uns natürlich alles genau anschauen, um dann zu entscheiden, wie es ab kommender Woche weitergeht“, sagte Gebauer. Ein Entscheidung solle so schnell wie möglich getroffen werden. Die Situation sei aber „sehr instabil“.
Wie wird die Testpflicht beurteilt?
Mehrheitlich positiv. Aber fast alle Akteure rund um Schule beklagen, dass zu viele Fragen rund ums Testen nicht beantwortet seien. Von einem anhaltenden „Chaos“ berichtet Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung NRW. Beim Testen fehle ein klares Konzept. Die neuen Test-Kits seien anders zu handhaben als die alten und insbesondere für Grundschüler und manche Förderschüler ungeeignet. Es sei weitgehend unklar, was mit positiv getesteten Schülern geschehe. „Die Teststrategie droht zu scheitern“, warnte auch Sven Christoffer, Vorsitzender des Verbandes Lehrer NRW.
Die Landeselternschaft der Gymnasien fordert ein professionelles Testmanagement, und der Philologenverband NRW hält Selbsttests nur dann für sinnvoll, wenn sie vor dem Betreten des Klassenraums durchgeführt werden. „Wir wollen nicht, dass hierfür wertvolle Unterrichtszeit verloren geht. Lehrerinnen und Lehrer sollten auch nicht als Testpersonal instrumentalisiert werden“, sagte die Vorsitzende, Sabine Mistler.