Essen. Die meisten Schüler in NRW bleiben nach den Ferien vorerst zu Hause. Eltern sind verärgert und sprechen von einem „Gefühl der Ausweglosigkeit“
Viele Eltern in NRW üben scharfe Kritik an der Entscheidung des NRW-Schulministeriums, die meisten Schüler ab Montag vorerst wieder in den Distanzunterricht zu schicken. Viele Grundschuleltern seien verärgert vor allem über die Art und Weise, sagt Birgit Völxen von der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW. „Diese Kurzfristigkeit ist schwer auszuhalten.“
Es sei nicht nachzuvollziehen, dass Eltern erst zwei Tage vor Ferienende über den Distanzunterricht informiert würden und nun in Windeseile das Homeschooling erneut organisieren müssten. „Diese Kurzfristigkeit gibt vielen Eltern inzwischen das Gefühl von Ausweglosigkeit“, sagt Völxen.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass lediglich Abschlussjahrgänge am Montag wieder an die Schulen zurückkehren sollen. Alle anderen Kinder werden vorerst für eine Woche zu Hause unterrichtet. Als Hintergrund wurde das unsichere Infektionsgeschehen genannt.
Grundschuleltern warnen: Kinder driften ab
Viele Eltern hätten sich gewünscht, dass das Land gerade für Grundschüler eine Ausnahme vom Distanzunterricht macht, sagt die Elternvertreterin Völxen. Erstklässler hätten ihre Schule kaum von innen gesehen, auch Zweitklässler müssten das Lernen an sich noch lernen, Altersgenossen fehlten.
„Auch mit dem Wechselunterricht sind wir noch weit entfernt von Alltag, aber die Kinder hatten wenigstens wieder mehr Struktur“, sagt Völxen. Sie warnt vor den Auswirkungen längerer Schulschließungen: „Eltern sehen doch, dass Kinder wegdriften. Einige ziehen sich zurück, andere drehen auf.“ Es sei zu erwarten, dass Anfragen nach Notbetreuung zunehmen werden. Damit steige dort wiederum die Gefahr, dass Gruppen zulasten des Infektionsschutzes nicht gut zu trennen seien.
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Positiv sei zwar, wenn Testmöglichkeiten für Kinder ausgeweitet werden. Den Eltern reicht das nicht. Sie fordern andere Maßnahmen an den Schulen im Kampf gegen die Pandemie. Nötig seien grundschultauglichere Selbsttests, Testunterstützung für Lehrkräfte, technische Lösungen für besseres Lüften und zusätzliche Räume.
Gymnasial-Eltern skeptisch, dass der Distanzunterricht nur eine Woche andauert
Auch die Landeselternschaft der Gymnasien kritisiert die Ad-Hoc-Maßnahme des Landes: „Das ist jetzt die 35. Spontanaktion in zwölf Monaten“, sagt Dieter Cohnen, Vize des Verbandes und selbst alleinerziehender Vater. „Viele haben sich an die sehr wechselhafte Schulentwicklung angepasst, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht.“ Es gebe eine Menge Eltern, für die jeder Tag Homeschooling eine Herausforderung sei.
Cohnen ist skeptisch, dass es nach einer Woche Heimarbeit für die Kinder und Jugendlichen zurück an die Schulen geht. „Offenbar sind ja noch nicht alle Schnelltests für die Schüler da. Aus unserer Sicht fehlt bis heute auch ein vernünftiges Testkonzept.“
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Cohnen betont, dass der Gesundheitsschutz das oberstes Gebot bleibe. Er beklagt aber die Auswirkungen der Schulpolitik in der Pandemie: „Aus dem Wahlversprechen der Landesregierung, beste Bildung für alle zu schaffen, ist geworden, dass beste Bildung davon abhängt, welche Schule ich besuche und wie mich die Eltern unterstützen können.“
Eltern wollen in Düsseldorf demonstrieren
Erste Eltern wollen gegen den vorläufigen Distanzunterricht demonstrieren. Die Initiative „Laut für Familien“ hat zu einer Demonstration am Montag vor der NRW-Staatskanzlei aufgerufen. Man rechnet vorsichtig mit rund 100 Teilnehmern.
Schulen müssten wieder geöffnet, fordert Initiatorin Nele Flüchter. „Wir brauchen eine verlässliche und inzidenz-unabhängige Öffnung der Schulen. Gerade Grundschulen müssen voll in den Präsenzunterricht gehen.“ Die Demonstration werde unter allen Hygieneanforderungen stattfinden. „Wir halten uns an alle Regeln, uns geht es darum, die Situation der Kinder und Jugendlichen endlich zu verbessern.“
Kritik übt die Initiative an der Testpflicht an den Schulen. Die Tests nähmen zu viel Zeit vom Unterricht ein, zudem sei der Datenschutz nicht gewährleistet, wenn in den Klassen getestet werde. „Am Ende haben die Kinder nicht mal etwas gewonnen, weil sie ja nicht mehr Unterricht bekommen, sondern es beim Wechselmodell bleibt“, so Flüchter.