Düsseldorf. “Impfen, was das Zeug hält“ müsse das Motto sein, sagt NRW-Gesundheitsminister Laumann. Pädagogen und Polizisten sind in Kürze dran.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist zuversichtlich, dass die bisher zähe Impfkampagne bald Fahrt aufnehmen kann. „Wir wollen Meter machen und impfen, was das Zeug hält“, sagte er am Montag. Am 8. März sollen demnach in NRW erste Impfungen in der „Priorisierungsgruppe 2“ beginnen. Davon würden zunächst Erzieher, Grundschullehrer, Polizisten sowie Bewohner und Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen profitieren.

In einem „Modellversuch“ möchte das Land außerdem in der nächsten oder übernächsten Woche mit der „aufsuchenden Impfung“ von Menschen beginnen, die sich nicht in ein Impfzentrum begeben können: Rund 18.000 Personen mit dem Pflegegrad 5 kommen zuerst an die Reihe, später jene mit Pflegegrad 4, so der Minister.

Start der Impfungen für "Ü70" spätestens im Mai

Inzwischen gibt es auch einen vorläufigen Zeitplan für die Impfung der 70 bis 79-Jährigen. „Ich gehe davon aus, dass wir spätestens im Mai mit der Impfung der Über-70-Jährigen beginnen können“, sagte Laumann.

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Bei den Immunisierungen mit dem Impfstoff von Astrazeneca ändert NRW die Praxis, Impfdosen konsequent für die Zweitimpfung zurückzulegen. Der vorhandene Impfstoff werde im März „in vollem Umfang“ für Erstimpfungen verwendet, erklärte der Gesundheitsminister. Begründung: Die Zweitimpfung könne nach aktuellen Erkenntnissen auch noch nach einem Vierteljahr verabreicht werden. Bis dahin dürften laut Landesregierung genügend Astrazeneca-Dosen zur Verfügung stehen.

Bund-Länder-Gespräche werfen ihren Schatten voraus

Vor den Corona-Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch erneuerte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seine Forderung nach einer Änderung des Impfkonzepts. Spätestes im April, wenn mehr Impfstoff komme, müsse jede Dose verabreicht werden, „wo es nur geht“, sagte Söder bei einer Pressekonferenz mit seinem sächsischen Kollegen Michael Kretschmer (CDU). Der Astrazeneca-Impfstoff solle neben den Impfzentren auch von Haus-, Betriebs- und Schulärzten verabreicht werden.

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Söder regte an, ältere Schüler vor den Abiturprüfungen zu impfen. Kretschmer äußerte den Wunsch, der gesamten Bevölkerung über 18 Jahren in Hotspot-Regionen an der Grenze bald ein Impfangebot machen zu können. NRW-Gesundheitsminister Laumann lehnt eine Freigabe von Astrazeneca für die ganze Bevölkerung derzeit ab.

Am Mittwoch werden Bund und Länder auch über mögliche Lockerungen der Corona-Maßnahmen beraten. NRW-Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) forderte eine Öffnungsstrategie für den Not leidenden Handel und „Beinfreiheit“ für die Länder im Kampf gegen die Pandemie.

NRW gibt „Astrazeneca“ nicht für alle Bürger frei

Beim Impfen bestimmt bisher in NRW der Mangel das Tempo. Hinzu kommt das Problem, dass der Impfstoff von Astrazeneca erstens ein Imageproblem hat und zweitens bisher nicht Menschen ab 65 Jahren verabreicht werden darf. Kommt jetzt doch Bewegung in die Impfkampagne? NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellte am Montag einen Impf-Fahrplan für die kommenden Wochen vor.

Wer bekommt ab 8. März ein Impfangebot?

Nachdem die Impfungen in der besonders schützenswerten Gruppe der über 80-Jährigen in NRW schon weit fortgeschritten sind, richtet sich der Blick jetzt auch auf die so genannte Priorisierungsgruppe 2 der über 70-Jährigen. Zunächst dürfen Kita-Erzieher und Kindertageseltern mit einem Impfangebot rechnen, ebenso Lehrer an Grund-, Förder- und Sonderschulen, Polizisten „mit direktem Kontakt zu Bürgern“ sowie Personal, Bewohner und Beschäftigte der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Es handelt sich insgesamt um rund 750.000 Impfkandidaten.

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Innerhalb von drei bis vier Wochen sollen diese Berufsgruppen in den Impfzentren gegen das Coronavirus immunisiert werden. Die Termine für diese Berufsgruppen vergeben übrigens die Kommunalverwaltungen. Sie sind aufgefordert, sich direkt an die Berufsgruppen zu wenden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lobte den bevorstehenden Impfstart für Erzieher und bestimmte Lehrer und forderte zeitnahe Impfangebote für sämtliche Lehrer sowie eine verlässliche Corona-Teststrategie. „Wer bald wieder Regelbetrieb in den Schulen will, muss – neben Hygienekonzepten – sicherstellen, dass alle Lehrer ein Impfangebot wahrnehmen können. Mit welchem Impfstoff auch immer“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern.

Wann sind die über 70-Jährigen an der Reihe?

Gesundheitsminister Laumann geht von einem Impfbeginn „spätestens im Mai“ aus. Die Planungen seien noch nicht abgeschlossen. Der Impfstart der über 70-Jährigen hänge sehr von der Verfügbarkeit des Biontech/Pfizer-Impfstoffes und vom weiteren Impffortschritt bei den über 80-Jährigen ab. Astrazeneca ist bisher nicht für Menschen ab 65 Jahren zugelassen, der Impfstoff von Moderna steht bisher nur in kleinen Mengen zur Verfügung.

Um diesmal Chaos bei der Impfterminvergabe zu vermeiden, sollen die „Ü70-er“—immerhin rund 1,6 Millionen Menschen – im Gegensatz zu den „Ü80-ern“ in NRW jahrgangsweise oder zweijahrgangsweise eingeladen werden.

Was ist mit 80-Jährigen, die nicht mobil sind?

Über 80-Jährige, die daheim gepflegt werden und nicht in ein Impfzentrum können, dürfen sich bald Hoffnungen auf „aufsuchende Impfungen“ machen, zumindest rund 18.000 Pflegebedürftige mit dem höchsten Pflegegrad 5. In der „nächsten oder übernächsten Woche“ soll deren Immunisierung starten. „Dabei werden entweder Ärzte des Impfzentrums mehrere Impflinge abfahren und verimpfen oder die Kassenärztlichen Vereinigungen organisieren eine Impfung über das Hausärztesystem“, erklärte Minister Laumann. Es folgen rund 56.000 Menschen mit dem Pflegegrad 4, die zu Hause wohnen.

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Was geschieht mit dem Astrazeneca-Impfstoff?

Für die Impfung damit kommen wegen der bisher fehlenden Freigabe nur Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Frage. Die Nachfrage ist aber nicht so groß wie erhofft, weil offenbar viele Menschen die Nebenwirkungen fürchten. Der Impfstau mit Astrazeneca wird also immer größer.

NRW weigert sich dennoch, diesen Impfstoff nun für alle Impfwilligen freizugeben. „Wir sollten uns nicht zu sehr von der bisherigen Impfreihenfolge entfernen. Es besteht die Gefahr, dass diese Reihenfolge zu stark durchbrochen wird“, so Karl-Josef Laumann. Mögliche Konsequenz: Menschen, die diesen Schutz besonders dringend brauchen, könnten zunächst unversorgt bleiben.

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In NRW soll die zweite Impfung mit Astrazeneca künftig erst nach drei Monaten statt wie bisher nach neun Wochen erfolgen, weil das Land davon ausgeht, im April und Mai genügend Astrazeneca-Dosen zu erhalten. Bereits vereinbarte Termine für die Zweitimpfung könnten beibehalten werden, heißt es in einem Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums. Der Minister warb um Vertrauen auch in das Vakzin von Astrazeneca. Es dürfe kein Impfstoff „verkommen“. Bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und von Moderna wird in NRW weiter die Hälfte der Liefermenge für die zweite Spritze zurückgelegt.

Was sagt der Gesundheitsminister über Impf-„Vordrängler“?

Die Bürger seien zu Recht sauer auf Menschen, die sich beim Impfen vordrängeln. Dies verletze das Gerechtigkeitsgefühl und führe verständlicherweise zu gesellschaftlicher und womöglich auch juristischer Ächtung. Bei der Impfung gehe es um „Transparenz und Vertrauen“.