Düsseldorf. Während am Düsseldorfer Rheinufer Eisessen im Stehen bestraft wird, nimmt es die Politik offenbar mit den Regeln nicht so genau.
Corona-Feiern und Impf-Vordrängler: Die Zweifel an der Vorbildfunktion der Politik in der Pandemie haben am Wochenende neue Nahrung bekommen. „Ohne das Zutrauen in unsere Regierungen und ohne das Vertrauen in staatliche Institutionen werden wir diese Krise nicht bezwingen können“, warnte Grünen-Landeschef Felix Banazsak am Sonntag bei einem digitalen Parteitag in Düsseldorf. Schon der Verdacht, dass es Politiker selbst mit den Regeln nicht so genau nähmen, lasse in schwieriger Zeit die dringend notwendige Orientierung vermissen.
Zuvor war bekannt geworden, dass im NRW-Innenministerium noch bis Januar größere Beförderungsfeiern im Beisein von Minister Herbert Reul (CDU) mit zum Teil 26 Personen abgehalten wurden. Das Innenministerium bestätigte eine entsprechende Darstellung des „Kölner Stadt-Anzeigers“, betonte jedoch: „Die Beförderungsfeier fand unter besonders strikten Corona-Schutzvorkehrungen statt.“ Erst am 29. Januar wurden Personenkontakte auf das „betriebsnotwendige Minimum“ reduziert. Reul ist zurzeit am Corona-Virus erkrankt. Die Infektion wurde aber erst am 15. Februar diagnostiziert.
AfD-Fraktionschef ließ 16-jährigen Sohn impfen
Der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling bezeichnete es als „wenig vertrauenswürdig“, wenn die Landesregierung selbst größere Präsenzveranstaltungen abhalte und gleichzeitig Menschenansammlungen verbiete. Am Wochenende setzte die Polizei in Düsseldorf gemeinsam mit dem kommunalen Ordnungsdienst erstmals am Rheinufer und in der Altstadt ein strenges „Verweilverbot“ durch. Wer auf einer Bank saß oder im Stehen ein Eis aß, riskierte ein Bußgeld. Jogger mussten mit Maske laufen.
Unterdessen enthüllte das WDR-Magazin „Westpol“, dass AfD-Landtagsfraktionschef Markus Wagner sich selbst und mehrere Familienmitglieder bis hin zum 16-jährigen Sohn vorzeitig gegen Corona impfen ließ. Der Politiker ist geschäftsführender Gesellschafter einer Einrichtung für psychisch Kranke. Bereits am Freitag musste der FDP-Landtagsabgeordnete Ralph Bombis von Parteiämtern zurücktreten, weil er sich, seine Frau und Personen aus seinem Umfeld an der Reihenfolge vorbei vorzeitig impfen ließ. Bombis, der drei Senioren- und Pflegheime leitet, will dennoch weiter Landtagsabgeordneter bleiben.
Derweil bleibt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter Druck, weil er in Corona-Zeiten Ende Oktober an einem privaten Abendessen mit einem Dutzend Unternehmern teilnahm, die laut „Bild“ in diesem Zusammenhang 9999 Euro (1 Euro unter der Veröffentlichungspflicht) an seinen CDU-Kreisverband im Münsterland spenden sollten.