Düsseldorf/Essen. Die NRW-Landesregierung setzt die Präsenzpflicht in Schulen ab Montag aus. Lehrer begrüßen das, doch es gibt auch Kritik.
Die Entscheidung der NRW-Landesregierung, die Präsenzpflicht an Schulen ab Montag auszusetzen, wird von Vertretern der Lehrer, Eltern und Schüler begrüßt. Doch der Zeitplan der Landesregierung ruft viel Kritik hervor.
Der Schritt hätte deutlich früher kommen müssen und sei nicht konsequent genug ausgefallen, heißt es von Lehrkräften. „Man müsste das jetzt bis zum Ende denken und komplett auf Distanzunterricht umstellen und wieder eine Notbetreuung für Kinder anbieten“, sagt Erhard Schoppengerd, Leiter der Duisburger Gesamtschule Globus am Dellplatz mit rund 1000 Schülern.
Kritik an fehlenden Handlungsspielräumen für Schulen
Viele Schulleiter seien verärgert über die Landesregierung, weil sie Schulen keine Entscheidungsspielräume gegeben habe. Stattdessen können und sollen Kinder der unteren Klassen ab Montag landesweit möglichst von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen, ältere Schüler ab Klasse acht werden grundsätzlich auf Distanz unterrichtet. „Das Ministerium hat Wechselmodelle durch die Vorgaben quasi unmöglich gemacht“, so Schoppengerd.
Die Lehrergewerkschaft GEW nannte die Maßnahmen dennoch „sinnvoll und unausweichlich“. Wegen der hohen Infektionszahlen könne es keinen Unterricht in vollen Klassen mehr geben. „Die kommenden Wochen müssen von der Landesregierung genutzt werden, damit es am 11. Januar an den Kitas und Schulen sicherer weitergeht“, forderte GEW-Chefin Maike Finnern.
Verband Bildung und Erziehung kritisiert kurzfristige Ankündigung
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte die Entscheidung ebenfalls. Zugleich kritisierte er, dass „die kurzfristige Ankündigung über die Aufhebung der Präsenzpflicht und die Umstellung auf den Distanzunterricht die Schulen und die Familien wieder einmal vor immense Herausforderungen stellt“. Schulen sollen erst während der Presseerklärung von Ministerpräsident Armin Laschet per Mail informiert worden sein.
An der Basis müssen die Lehrkräfte innerhalb eines Wochenendes die Betreuung in den Schulen und den Distanzunterricht neu organisieren sowie Eltern und Schüler informieren. „Dabei ist es eine völlige Überraschung, wie viele Kinder am Montag zur Schule kommen werden“, sagt Julia Klewin, Lehrerin an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule im Essener Norden mit 1300 Schülern. Gerade an den großen Schulen hätte es mehr Handlungsspielraum geben müssen. „Wir haben immer wieder auch ältere Schüler, die in die Schule kommen sollten.“
Eltern fordern Notbetreuung auch in den Weihnachtsferien
Auch Anke Staar von der Landeselternkonferenz fordert für Kinder mit Förderbedarfen Betreuungskonzepte. Ebenso nötig sei es, dass Kinder anders als in den Vorjahren auch während der verlängerten Weihnachtsferien an den Schulen betreut werden können.
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„Wir haben viele Eltern, die in den vergangenen Tagen sehr wütend darüber waren, dass die Schulen offen gehalten werden. Aber genauso gibt es Eltern, die sich nicht mal eben mehr Urlaub nehmen können“, sagte Staar.
Und die Schüler? Die Landesschülervertretung (LVS NRW) begrüßt den Schritt der Landesregierung ebenfalls. Es sei gut, dass die Gesundheit der Schüler endlich stärker in den Mittelpunkt rücke, sagte Johanna Börgermann vom LSV-Vorstand. „Dass das alles wieder so kurzfristig passiert, ist aber nicht nachzuvollziehen. Eine frühere Ankündigung hätte es den Familien erleichtert, die Zeit vor und an Weihnachten zu planen.“
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Klausuren sollten aus Sicht der Schüler allerdings weiterhin in der kommenden Woche möglich sein, damit sich Termine nicht nach den Ferien ballten. Die Zwölftklässlerin appellierte zudem an das Land, Abschlüsse anzupassen. Trotz aller Bemühungen sei es für die Schüler schwierig, ihren Stoff nachzuarbeiten. (mit dpa)
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