Essen. Trotz steigender Infektionen sehen sich die Städte im Ruhrgebiet gut gewappnet. Die Gesundheitsämter stocken Personal auf und weiten Tests aus.

Mit Blick auf die bundesweit steigende Zahl der Corona-Fälle und den Expertenwarnungen vor einer zweiten Infektionswelle sehen sich die Gesundheitsbehörden im Ruhrgebiet für den Fall der Fälle gut aufgestellt. Viele Gesundheitsämter haben massiv Personal aufgestockt oder können dies kurzfristig aus anderen Bereichen der Verwaltung für Tests und die Rückverfolgung von Infektionsketten heranziehen.

„Für eine mögliche zweite Infektionswelle sehen wir uns gut aufgestellt und vorbereitet. Wir sehen ja, dass wir erhöhte Infektionszahlen haben“, teilte etwa die Stadt Mülheim mit. Ähnlich lautete die Einschätzung andere Ruhrgebietsstädte.

Zuletzt beobachtete das NRW-Gesundheitsministerium vielerorts einen erneuten Anstieg der Infektionszahlen. Ihre Zahl stieg landesweit von Mittwoch auf Donnerstag um 252 auf 48.301. Davon gelten 43.868 Personen als genesen.

Das Virus breitet sich in der Fläche aus

Die Zahl der Corona-Infektionen steigt wieder bundesweit an. Was den Experten besondere Sorge macht: Nicht nur an einzelnen Hotspots, wie zuletzt in Rheda-Wiedenbrück beim Fleischkonzern Tönnies, gehen die Zahlen in die Höhe. Sondern auch in Fläche steigen die Fallzahlen. Das NRW-Gesundheitsministerium beobachtet das Infektionsgeschehen aufmerksam. „Wir beobachten mit Sorge, dass die Infektionszahlen in vielen Kreisen und kreisfreien Städten anziehen“, so das Ministerium.

Meldete das Ministerium am vergangenen Sonntag mit 58 neuen Infektionen noch einen erfreulichen Tiefstand, steig die Zahl in den Tagen danach kontinuierlich bis auf 252 am Donnerstag an. Das sind zwar immer noch deutlich weniger als Mitte Juni, dennoch beobachten die Gesundheitsämter vor Ort den Trend genau und treffen entsprechende Vorbereitungen.

Ampelsystem zeigt Überlastung an

So wappnet sich zum Beispiel die zuständige Behörde in Oberhausen für einen neuen Anstieg der Infektionen. Die Zahl der Tests wurde hochgefahren, die Anzahl der Mitarbeiter bereits vor Wochen von 70 auf 117 aufgestockt. Dies geschah vor allem mit Hilfe von Kräften aus anderen Bereichen der Verwaltung. Seither sei die vom Robert-Koch-Institut verlangte vollständige Kontaktnachverfolgung gewährleistet, teilt die Stadt mit.

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Das Gesundheitsamt in Bochum arbeitet mit einem internen Ampelsystem. Dies zeigt an, ob sich die Behörde noch in der Lage sieht, seine Aufgaben wie die Verfolgung der Infektionsketten aber auch Drive-In-Teststellen zu erledigen. „Derzeit steht die Ampel auf grün“, so die Stadt. Sollte sie auf gelb springen, werde zusätzliches Personal aus anderen Fachbereichen abgezogen. Zuletzt passierte das im Frühjahr, als bis zu 80 zusätzliche Mitarbeiter ausgeholfen haben. Im August sollen zudem studentische Hilfskräfte als Verstärkung angeworben werden.

Mehr Personal in den Gesundheitsämtern gefordert

Der Kraftakt vor Ort wurde in Düsseldorf bemerkt: „Alles in allem haben die Kommunen auf die Anforderungen äußerst engagiert und flexibel reagiert“, lobt das NRW-Gesundheitsministerium von Karl-Josef Laumann (CDU).

Anstieg der Corona-Infektionen- Klein-Ballermann ist überall

Gleichwohl fordert Ärztepräsident Klaus Reinhardt eine Verstärkung der Ämter. Seit Jahren sei hier „radikal und ohne Rücksicht auf Verluste“ gespart worden. Dabei zeige die Coronakrise, wie wichtig ein funktionierender öffentlicher Gesundheitsdienst für den Schutz der Bevölkerung sei. Es sei höchste Zeit, dass die Gesundheitsämter digital vernetzt und personell besser ausgestattet würden, so Reinhardt.

Unterstützung von Bundeswehr und Hilfsdiensten

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So waren die lokalen Ämter bei der Bewältigung von Ausbrüchen zeitweise auf Hilfe von außen angewiesen. Nach Angaben des Ministeriums kam die Bundeswehr im Kreis Gütersloh bei Massentests zum Einsatz. Hilfsorganisationen unterstützten die Behörden im Kreis Heinsberg.

Der Medizinische Dienst und die Krankenkassen halfen bei der Nachverfolgung von Kontakten und Infektionsketten. Auch Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts, des Gesundheitsministeriums und des Lagezentrums Gesundheit des Landes waren im Kreis Gütersloh im Einsatz.

Auf die Erfahrungen, die dabei gewonnen wurden, möchte man künftig am liebsten verzichten. Doch ist allen Beteiligten klar, dass sie bei einem weiterer Corona-Ausbruch wieder vor ganz neuen Herausforderungen stehen könnten.