Ruhrgebiet. Ein Bottroper stand mit drei Gesundheitsämtern aus dem Revier in Kontakt - und ist irritiert von dem „widersprüchlichen“ Umgang mit Covid-19.

In Dortmund hätte er sich längst frei bewegen dürfen. Aber beim Betreten seiner Heimatstadt Bottrop hätte Carsten Gelber (Name geändert) „sich wieder verschanzen müssen“. „Völlig widersprüchlich“, findet er die unterschiedlichen Standards, die im Umgang mit dem Coronavirus in den Gesundheitsämtern der Ruhrgebietskommunen herrschen. „Es verunsichert einen sehr“, sagt er.

Familie hatte sich in Hamburg angesteckt

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Gelbers Corona-Geschichte beginnt am Dienstag, 3. März in Bergkamen auf einem Kindergeburtstag. Zwei Tage später nach der Feier kam heraus, dass die Gastgeber-Familie Kontakt mit einer infizierten Person aus Hamburg hatte. Am Wochenende folgte das positive Testergebnis.

Gelber, der zu der Zeit bei seiner Freundin in Dortmund übernachtete, war also Kontaktperson mehrerer Corona-Betroffenen. Per telefonischer Anweisung wurde er vom Dortmunder Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt – was man ihm folgend auch bei einem Telefonat mit dem Gesundheitsamt des Kreises Unna, wo der Kindergeburtstag stattfand, empfahl.

Ein Fall, drei Gesundheitsämter

Weil Carsten Gelber aber in Bottrop wohnt, beschäftigten sich gleich drei Gesundheitsämter mit seinem Fall. Wodurch der Industriekaufmann erfuhr, wie „durcheinander“ das föderalistische Krisenmanagement im Revier ist.

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Eigentlich durfte Gelber die Wohnung seiner Freundin überhaupt nicht verlassen. Dennoch sollte er mit ihr am Montag zum Corona-Test ins Dortmunder Gesundheitsamt. „Das irritierte mich völlig“, sagt er. „Es interessierte auch niemanden, wie wir uns dorthin auf den Weg machen wollten – ob per Auto oder U-Bahn, wo wir ja andere hätten anstecken können.“

Dortmund: Sammeltermin mit vielen Kontaktpersonen

Als er dann im Dortmunder Gesundheitsamt ankam, dachte Gelber, er sei „völlig im falschen Film“. Er berichtet von rund 30 weiteren Kontaktpersonen, die zur gleichen Zeit zum Corona-Test bestellt wurden – ohne Möglichkeit, einen Sicherheitsabstand einzuhalten. „Wir standen alle gemeinsam für fast eine halbe Stunde in einem Raum und konnten ins gegenseitig in den Nacken hauchen“, erzählt er. Auch eine Schutzmaske habe man ihm erst nach längerer Wartezeit ausgehändigt. „Ich dachte mir: Selbst wenn wir nicht infiziert sind – nach diesem Termin sind wir es alle.“

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„Das Gesundheitsamt kann nur Sammeltermine anbieten“, heißt es auf Anfrage von der Stadt Dortmund. „Allen Personen, die eine Abstrichdiagnostik benötigen, steht es frei, sich an die Hausärzte zu wenden.“ Dass mehrere gleichzeitig erscheinende Testpersonen einige Zeit in einem Warteraum oder vor dem Untersuchungsbereich gemeinsam mit einem Mund-Nasenschutz warten müssen, sei ein „ausreichender Schutz.“

Kein Austausch unter den Ämtern

Am Tag nach dem Test erhielt Gelber eine kurze Mitteilung per Mail – das negative Testergebnis. Zugleich wurde „mit sofortiger Wirkung“ die Schutzmaßnahmen, also die häusliche Quarantäne und Beobachtung, aufgehoben – was erneut Verwunderung bei Gelber auslöste. „Ich freute mich über die Mail, aber hatte bereits gelesen, dass die Inkubationszeit doch eigentlich 14 Tage betragen kann“, sagt er. „Warum sollte man die Quarantäne vorher aufheben?“

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Das sah das Gesundheitsamt des Kreises Unna offenbar ähnlich. „Dort teilte man uns mit, die Quarantäne müsse eigentlich weiter Bestand habe, bis die 14 Tage vorbei sind“, erzählt Gelber. Die gleiche Mitteilung erhielt er vom Gesundheitsamt Bottrop, von dem er zu seiner Überraschung am 10. März erstmals einen Anruf bekam. „Dort wusste man, dass ich irgendwie in einen Corona-Fall involviert bin, aber mehr Informationen hatte man von den anderen Gesundheitsämtern nicht erhalten.“

Umfangreiche Aufklärung in Bottrop

Dennoch war er von dem Gespräch mit der Bottroper Behörde „positiv überrascht.“ Das Telefonat habe fast eine Stunde gedauert, der Mitarbeiter 20 Minuten über die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts aufgeklärt. Gelber: „Aus Dortmund kannte ich das nicht, da gab es keine Aufklärung.“

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Gleichzeitig ordnete das Bottroper Amt an, die Quarantäne weiter einzuhalten und riet Gelber, abgeschirmt in Dortmund zu bleiben – wo er sich ja längst hätte frei bewegen können. „Es ist überhaupt nicht klar ersichtlich gewesen, wer für mich zuständig ist und welche Anordnung für mich gilt“, sagt er – und hätte sich wohl nie mehr gewünscht, dass die Metropolregion Ruhr nicht nur Etikett, sondern auch Verwaltungseinheit wäre. dortmund kritisiert das land nrw für corona-krisenmanagement „täglicher kampf“- was eine essener corona-patientin erlebt