Rhein-Ruhr. Immer mehr Tierkliniken in NRW verabschieden sich vom Notdienst. Die Gründe: Veraltete Gesetzte – und der hohe Frauenanteil im Beruf.
Weil immer mehr Tierkliniken aus dem Notdienst aussteigen, befürchten Tierärzte eine Lücke bei der Versorgung von Hunden, Katzen und anderen Haustieren. „Die Notfallversorgung ist ernsthaft gefährdet“, so Monika Meyer, Vize-Chefin beim westfälischen Landesverband Praktizierender Tierärzte.
2013 gab es noch 37 Tierkliniken für Kleintiere in NRW, 2018 wurden vom Verband der Tierärzte nur noch 20 Kliniken gezählt – Tendenz weiter fallend. In NRW wird - im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern - nicht vorgeschrieben, dass ein Tierarzt grundsätzlich einen Notdienst anbieten muss. Bietet eine Klinik keine 24-Stunden-Bereitschaft mehr an, verliert sie den Klinik-Status. So im Ruhrgebiet zuletzt geschehen in Duisburg, wo die „Tierklinik Asterlagen“ im Juli zum „Kleintierzentrum“ wurde.
Tierarzt ist vor allem ein Frauenberuf
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Dort wurde der Schritt vor allem mit Fachkräftemangel begründet – laut Tierärzteverband ein typisches Problem. Zwar ist die Anzahl junger Veterinärmediziner mit jährlich grob 6000 eingeschriebenen Studierenden bundesweit seit Jahren stabil. „Aber seit 20 Jahren haben wir einen Frauenanteil von 90 Prozent unter den Tiermedizin-Studierenden“, erläutert Karl-Heinz Schulte, Bundesvize beim Tierarztverband und Vorsitzender im Nordrhein. „Wer ein Kind bekommt, möchte häufig nur in Teilzeit arbeiten und nicht mehr nachts im Notdienst.“ Verbandskollegin Meyer ergänzt: „Die Generation Y hat gerne Feierabend, will Arbeit und Privatleben mehr ausbalancieren.“
Dazu würde es sich für viele Tierärzte schlichtweg nicht rentieren, einen Notdienst anzubieten. Nach Berechnungen des Tierärzteverbandes, muss eine Klinik 60.000 Euro mehr Umsatz erwirtschaften, wenn sie einen Nachtdienst anbietet – auch weil das Arbeitszeitgesetz vorschreibt, dass Arbeitgebern eine elfstündige Ruhezeit nach der Schicht zusteht.
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Die Kliniken müssen deswegen mehr Personal einstellen, um den Notdienst besetzten zu können. „Wir brauchen eine Verkürzung der Ruhezeiten“, fordert Schulte und sieht die tariflich festgelegten Sonderregelungen in Krankenhäusern als Beispiel. Um solche Regelungen zu treffen, fehle es allerdings an Tarifpartnern. „Wir sind ein kleiner Berufsstand“, so Schulte.
Grüne fordern : Für höhere Gebühren stark machen
Ein weiteres Problem der Tierärzte: eine „unzeitgemäße“ Gebührenordnung, kurz GOT. Diese legt die Mindest- und Höchstpreise für Behandlungen fest – und die sind laut der Veterinäre viel zu gering. Die Operation einer Magendrehung bei einem Hund kostet nach derzeitiger GOT beispielsweise rund 1500 Euro. Beim Tierarztverband hält man fast den doppelten Betrag durchaus für angemessen - plus einer Grundgebühr von 100 Euro für jede Behandlung im Notdienst.
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Das Bundeslandwirtschaftsministerium ist den Tierärzten hier inzwischen ein Stück entgegengekommen und schlägt in einem neuen Entwurf unter anderem eine Grundgebühr von 50 Euro für Behandlungen im Notdienst vor. Auch im NRW-Landtag beschäftigt das Thema die Politik. Zu einem Antrag der Grünen zum Fachkräftemangel bei Tierärzten soll im Herbst eine Anhörung stattfinden. Die Grünen fordern darin unter anderem, dass sich die Landesregierung für eine Erhöhung der Gebühren auf Bundesebene stark macht und dass die Möglichkeit einer verpflichten Krankenversicherung für Kleintiere geprüft wird.
Bei Anbietern von Tierkrankenversicherungen blickt man positiv auf die Forderung nach neuen Gebühren. „Wenn sich durch die aktuelle Diskussion über höhere Tierarztkosten noch mehr Tierbesitzer für eine Krankenversicherung für ihren Vierbeiner entscheiden, freuen wir uns“, heißt es von Patrick Döring, Vorstandsmitglied beim Haustierversicherer Agila.